Mäander

Małgorzata Czyńska Spricht Małgorzata Czyńska

Für Łukasz Majcherowicz gibt es nur eine Art der Malkunst. Die Einteilung in Staffelei- und Monumental-Malerei hält er für unsinnig. Er beschäftigt sich mit beiden, manchmal überträgt er ein Bild von einer Leinwand auf die Wand. Er hat auch ein Ziel: den Betrachter in die Welt der Bilder einzuführen. Im Falle von der Monumental-Malerei ist das einfacher, weil die Wand ein Total-Werk ist. Sie wirkt durch ihre Größe, sie umhüllt uns, sodass wir intuitiv sofort in ihre Mitte gelangen. Majcherowicz gelingt es, dieselbe Wirkung mit kleineren Formaten zu erzeugen.

Łukasz MajcherowiczŁukasz MajcherowiczŁukasz MajcherowiczŁukasz MajcherowiczŁukasz Majcherowicz

Ist die Wand für dich ein Archetyp?

Ja, die ersten Zeichen und Bilder entstanden auf der Wand. Die prähistorische Kunst, danach die ganze Antike. Das war für mich immer wichtig und interessant. Ich schaute meinem Vater, einem Konservator für Polychromie, bei der Arbeit zu. Ich besuchte ihn in seinem Atelier, es zog mich an. Ich wollte in Posen studieren und bestand meine Prüfungen an der Kunstakademie. Schnell begriff ich, dass das dortige Atelier für Wandmalerei nicht besonders gut ist und dass ich dort nicht viel lernen würde. Nach einem Jahr kehrte ich nach Warschau zurück. Wegen der Wand.

Das Farbspektrum auf deinen Öl- und Acryl-Bildern ist auch auf eine matte Palette, die für Wandmalerei charakteristisch ist, begrenzt.

Sienaerde, Ocker – die ganze Palette ist so schön und sie reicht mir völlig aus. Ich finde all die farbtechnologischen Erfindungen des neunzehnten und zwanzigsten Jahrhunderts überflüssig. Die Farbe ist natürlich sehr wichtig. Im Falle einer Wand vielleicht am wichtigsten, da sie auf die Empfindlichkeit des Betrachters eben durch Farbe wirkt. Der Rest ist zweitrangig.

Deine Werke sind stimmungsvoll, poetisch, besinnlich, sogar geheimnisvoll. Sie berühren die Sinne.

Ja – für mich ist Malerei rein sinnlich. Mein Professor, Herr Stefan Gierowski, hat einmal gesagt: „ein Maler muss nicht wissen.“ Intellektualismus und wissenschaftliche Diskussionen in der Kunst machen mich müde. Wichtig ist, was unvorhersehbar ist. Die Farbe muss überraschen. Ein Bild darf nicht mathematisch ausgerechnet werden, es muss zum gewissen Grad unberechenbar sein. Es muss Gefühle hervorheben, zuerst meine, dann -- hoffe ich -- des Betrachters. Um malen zu können, muss ich mich konzentrieren, mich geistig sammeln, mich verinnerlichen, die Umgebung vergessen. Wenn es mir gelingt, so einen Zustand zu erreichen, dann besteht die Chance, dass das Bild gelungen und ehrlich wird. Deshalb sind diese Bilder so persönlich.

Gelingt es immer?

Ich male bis zum Ende. Ich muss so handeln, um zufrieden zu sein. Ich konzentriere und grenze mich natürlich leichter ab, wenn ich auf der Leinwand male. Die Wand ist in dem Fall anspruchsvoller – man muss sich um die technisch-organisatorischen Details kümmern: das Gerüst aufbauen, die Mitarbeiter koordinieren, Termine halten. Also: Hektik, Lärm... Es erfordert einen starken Willen, sich von dem ganzen Chaos abgrenzen zu können und dabei noch so zu malen, dass man mit dem Ergebnis zufrieden ist. Die Malerei dient vor allem der Dekoration, sie muss aber auch kreativ sein.

Du bist an der reinen Nachahmung der äußeren Welt, dem Alltäglichen, der so genannten „Aktualität“ nicht interessiert. Fällt es dir leichter das Wesentliche in abstrakten Kompositionen auszudrücken?

Diese Art der Darstellung liegt mir wahrscheinlich näher. Andererseits -- was ist die Abstraktion? Ich versuchte sogar früher Henryk Stażewski danach zu fragen. Wer könnte denn das besser wissen als er? Er sagte mir, im Grunde genommen geht es darum, eine Farbe neben einer anderen gut aufzutragen. Ich versuche, mich daran zu halten.

Farbe neben Farbe, Streifen neben Streifen -- der Rhythmus in deinen Bildern fesselt den Betrachter.

Meiner Meinung nach, beruht die Wirkung von Malerei und Musik auf demselben Prinzip. Rhythmus, Harmonie, kurze Disharmonie, Stille -- es ist gut, wenn ein Bild spielt. Bei den Laser-Techniken ist mir auch der Duktus des Pinsels wichtig, die Linie der Farbe, das Hinterlassen einer Spur, eine entschlossene Handbewegung – nicht zu schnell, nicht zu langsam.

Immer wieder kehrst du zum Motiv des Mäanders zurück. Aus einem Ornament machst du ein Symbol.

Der Mäander ist ein Labyrinth, ein Irrweg, eine Suche. Er ist eine ständige Wanderung vor sich hin. Eine Reise mit Ziel. Manchmal eine Reise ohne Ziel. Wie das Leben. Wie das Malen.



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