Durchdringen

Małgorzata Czyńska Von Małgorzata Czyńska



Weiße Leinwand, glatt und gespannt. Auf dem Weiß farbenfrohe geometrische Figuren. Manchmal wird die rigorose Geometrie gebrochen: durch mehr biomorphe Formen, wie geordnete Meereswellen oder ein bunter, multiplizierter Schatten vierblättrigen Klees. Aber sogar die strengen Konturen spielen subtil und zart, gehen ineinander über, überlagern und durchdringen sich. Halbtöne, Mitteltöne, Halbselbstverständlichkeiten.

Joanna Stańko Joanna Stańko Joanna Stańko

Mit Hilfe dieser wenigen bunten Figuren auf weißem Hintergrund organisiert Joanna Stańko die Welt, bändigt das Chaos von Erlebnissen und Emotionen, bringt ihre Begeisterung über die Schönheit der Welt zum Ausdruck. Die Fläche wird lebendig in der Unendlichkeit des Raums, wenn die gegenstandslosen Kompositionen den gesamten Kosmos einzuschließen scheinen. "In der großen dynamischen Skala der Planetensysteme", schrieb Kasimir Malewitsch, "kam es zu einer Diffusion, zur Trennung von irgendwelchen Aggregatzuständen, welche ihr eigenes individuelles Leben begannen, indem sie ein ganzes System von Universen entstehen ließen und Freundschaften eingingen, um, durch das Verhindern der Katastrophe, ihre  Existenz zu sichern". Auf den Leinwänden von Stańko bilden der Intellektualismus und die Intuition eine Einheit, dazu eine sinnvolle und schöne. Wichtig ist die Harmonie - aus der Harmonie der Komposition stammt die innere Harmonie der Künstlerin und des Betrachters. Oder mit anderen Worten: in der Harmonie der Komposition wird, wie in einem Spiegel, der Zustand des Geistes - der Künstlerin und des Betrachters - reflektiert. Die Malerei von Joanna Stańko scheint nach den Grundsätzen von Jogapraktiken, die der Künstlerin vertraut sind, geschaffen zu sein: einatmen, ausatmen, Konzentration, temporäre Zerstreuung. Harmonie, Gleichgewicht. Zustand der Konzentration. Weißer Hintergrund und bunte, abstrakte Figuren. Nur so viel und sogar so viel.

Joanna Stańko Joanna Stańko Joanna Stańko

1922 hat der bereits erwähnte Kasimir Malewitsch eine philosophische Abhandlung unter dem Titel "Suprematismus. Die Welt als Gegenstandslosigkeit, also ewiger Frieden " geschrieben. Darin behauptet er, die Gegenstandslosigkeit sei ein kosmischer, natürlicher Zustand. Das Weiß sei die "kosmische Unendlichkeit". Darin zerstreuen die Figuren. "Ein Quadrat gleicht einer Empfindung", schrieb er, "der weiße Hintergrund gleicht dem Nichts"

Dieses Weiß und diese einfache Geometrie hat Joanna Stańko langsam erreicht. Mit der Zeit begannen ihre üppigen und vielfarbigen Kompositionen - Blumen und Gestalten, die mit sich ganze Leinwände ausfüllten -, zugunsten von sparsameren Ausdrucksmitteln zu verschwinden. Sparsamer bedeutet nicht ärmer: die Künstlerin kann nuancieren, mit Farbe und mit Weiß spielen. Aber selbst ihre sparsamste Komposition beinhaltet Rhythmus, Dynamik, Atem. Die Ästhetik ihrer früheren Mandalas wurde durch die im Ausdruck und im Empfinden genauso philosophische Einfachheit und Suggestivität der gegenstandslosen Komposition, der bunten geometrischen Figur auf weißem Hintergrund ersetzt. Starke, gesättigte Farben - Rot, Gelb, Blau - verleihen dem Bild Bewegung und Energie.

So gewinnen die dekorativen und modern rohen, "designerischen" Werke von Joanna Stańko ihre eigene komplexe, reiche Tiefe von Erlebnissen und Beobachtungen der Künstlerin.



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