Objekte
Es kommt vor, dass künstlerische Persönlichkeiten in ihrer individuellen Wirklichkeitserfassung und - was wohl am wichtigsten zu sein scheint – in ihrer eigenen Wahrnehmung der Bildgestaltung bereits während der Studienzeit ausdrücklich festgelegt werden. Für diese jungen Künstler bleibt die Malerei nach wie vor ein wichtiges Aussage- und Ausdrucksmittel. Es reicht, dass man einige Namen von Malern anführt, die in den letzten Jahren ihr Studium an der Akademie der Schönen Künste in Wrocław abgeschlossen und ihre Präsenz in der Ausstellungsbewegung deutlich betont haben, indem sie zahlreiche Preise auf vielen prestigeträchtigen Ausstellungen gewonnen haben.
Es muss auch betont werden, dass sie alle derselben Malereiwerkstatt entstammen: Łukasz Huculak mit seiner Faszination von Gegenstand und Sensualität der Malmaterie, Daniel Krysta mit seinem äußerst sublimierten Zeichenspiel und „zugemauertem“ Raum, Karolina Jaklewicz, die die Reinheit der Form mit einer etwas surrealisierenden Vision einfacher geometrischer Körper in Einklang bringt. Zu dieser Gruppe von doch sehr unterschiedlichen und getrennt zu betrachtenden Malern gehört sicher auch Joanna Pałys, die ihr Diplom im Jahr 2008 erworben hat. Ich bin jedoch der Ansicht, dass etwas diese jungen Künstler verbindet, etwas, was in der Malerei eigentlich undefinierbar ist und was man auf die Sphäre des Geistes und die Unbestimmtheit des poetischen Klimas ihrer Bilder beziehen kann – abgesehen davon, dass diese Bilder immanente, rein malerische Werte aufweisen.
Wie ihre ehemaligen Kollegen und Kolleginnen aus der Werkstatt ging Joanna Pałys - sowohl im übertragenen als auch buchstäblichen Sinne des Wortes - immer ihre eigenen Wege. Es scheint, dass sie sich bei der Auswahl von Themen für ihre Bilder weniger auf künstlerische Spekulationen als vielmehr auf die Beobachtung der nächsten Umgebung der Steinbrüche bei Strzegom und der für diese Landschaft charakteristischen Anlagen verließ. Man kann davon ausgehen, dass sich gerade diese scheinbar kaum effektvollen, peripheren Motive ihrer malerischen Vorstellungskraft in der reichen Vielfalt ihrer „verborgenen Schönheit“ und der ungewöhnlichen Existenz am Rande der städtischen Agglomeration offenbarten. Hierher führen sie ihre steten Wanderungen auf wohl zufällig entdeckten Pfaden, Wanderungen, die zum Ziel haben, vielleicht zum Untergang verurteilte Relikte industrieller Architektur wie Fernleitungen oder Bandstraßen zu registrieren.
Das festgehaltene Bild der postindustriellen Welt würde allerdings kaum etwas bedeuten, wenn sie nicht in ein System malerischer Zeichen übersetzt worden wäre und wenn nicht eine einwandfreie Korrelation von Motiv und sorgfältig ausgewählten darstellerischen Mitteln stattgefunden hätte. Es ist erstaunlich, dass etwas, was noch vor sechzig Jahren als Malmotiv einen affirmativen Charakter haben konnte, heute für diese junge Malerin zum Gegenstand der Reflexion über den Zustand der vergänglichen Realität geworden ist. Und vor allen Dingen etwas von künstlerischer Meditation an sich hat, die sich in der Bildmaterie kristallisiert, welche scheinbar so dürftig und auf Weiß, Grau, Schwarz, gedämpftes Braun und Blau reduziert ist.
Indem man jene Spuren verfolgt und Joanna Pałys auf ihren unterschiedlichen Wegen begleitet, wird einem gleich klar, warum der schwindende Rhythmus der Nocturne und die mit dem kosmosähnlichem Raum seltsam harmonisierende, zickzackartige Linie der Bandstraßen die Phantasie bewegen und wieso die Melancholie der monumentalen und ziemlich geheimnisvollen Architektur der in jüngster Zeit entstandenen Objekte so nachdenklich macht. Diese besondere malerische Empfindlichkeit verleiht ihren Bildern eine große Ausdruckskraft, die originelle Weltwahrnehmung dagegen macht aus dieser Malerei eine der interessanteren Positionen in der jungen polnischen Kunst.