Die Totems des 21. Jahrhunderts

Wojciech Tuleya Spricht Wojciech Tuleya



Menschen bleiben vor Deinen Bildern stehen und genießen zunächst das bunte Mosaik, gebaut aus Würfeln von Farben und Zeichen. Dann aber beginnen sie,  diese Zeichen zu erkennen, die archetypischen Gestalten und die einzigartigen Hieroglyphen zu deuten. Soll man Deine Bilder so lesen - vom Allgemeinen zum Besonderen?

Man kann auch umgekehrt, vom Besonderen zum Allgemeinen. Aber mal ernst, ich lege meinen Werken keine Bedienungsanleitung bei. Die Leinwandfläche ist ein Bereich der völligen kreativen Freiheit und dieses Recht soll auch denjenigen gebühren, die das Ergebnis dieser Freiheit betrachten. In den Petroglyphen sehe ich ein Geheimnis, ein Thema, das von Kennern noch nicht totgeplaudert wurde. Meiner Meinung nach besteht die Schönheit auch in Vielfalt, dieses Mosaik von Formen und Farben kommt gewiss daher.

Krzysztof Pająk Krzysztof Pająk

Deine Werke sind rätselhaft.  Geht es nur um die Komposition, Harmonie, oder willst Du auch eine Botschaft überbringen?

Der Prozess der Entropie in der uns umgebenden Welt, die ständige Verwandlung und der Zerfall – das finde ich spannend. Mir scheint, dass dann auch die Grenze zwischen dem oben erwähnten Allgemeinen und Besonderen verschwindet. Es entsteht ein fließender Zustand, denn ich in einem Bild sehr hoch schätze. Das Malen ist ein Spiel, das kein Anfang und kein Ende hat, es dauert nur an. Diesen Prozess auf einem Bild darzustellen ist nicht machbar, deshalb male ich mehrpolige Kompositionen und entscheide mich bewusst für Diversität von Formen und Farben. Dieses scheinbare Chaos bedeutet für mich nicht etwas Böses, eher ein Mysterium, ein chiffriertes Rätsel, das man leider nicht so einfach lösen kann.

Willst Du, indem Du diese Zeichen zusammensetzt,  die Welt ordnen?

Ein wenig ja, ein wenig nein. Manche sagen, dass die Welt in der Kunst klar und verständlich sein soll, aber es gibt auch andere, die sagen: Wenn alles klar wäre, dann gäbe es auch keine Kunst. Ich versuche dennoch, dass die Zeichen aus der Absicht entstehen, zu ordnen, die chaotische, sich ständig wandelnde Wirklichkeit zu verstehen.

Du inspirierst  Dich von der prähistorischen Kunst und von den Avantgarden des 20. Jahrhunderts. Themen und Gesten von Klee, Miro, Pollock verbindest Du mit  Motiven der afrikanischen Völker. So schaffst Du einen einzigartigen Kultur-Mix.

Ja, das stimmt, diese Fülle ist für mich sehr attraktiv. So ein Cocktail finde ich anregend. Die Archetypen aus grauer Vorzeit versuche ich mit der Epoche aufzufrischen, in der ich aktuell lebe und umgekehrt - diese unsere veränderliche, vibrierende elektronische Gegenwart mit dem Jungsteinzeit-Code, mit der Sehnsucht nach dem Beginn sowie mit der verlorenen Beziehung zur Natur etwas zu beruhigen.

Die Muster der Felsenzeichen malst Du oft in glühenden Technofarben. Schaffst Du so die Totems für das 21. Jahrhundert?

Ich will nicht bestreiten, dass die Lichter der Großstadt, der Anblick der Displays von elektronischen Mess- und Übertragungsgeräten, die ich einmal bediente, und auch die Räume, in denen sie sich befanden, einen bedeutenden Einfluss auf meine Farbpalette haben. Zu tun, als ob sich in unserer Form- und Farbästhetik nichts geändert hätte, wäre sinnlos. Gras in der Farbe einer alten Geige zu malen, das geht nicht mehr.

Viele Deiner Arbeiten kann man im UV-Licht betrachten. Ist das eine Methode, das Bild zu bereichern? Ein Zusatzbonus für den Zuschauer? Die Möglichkeit, das Werk tiefer, anders zu deuten?

Es handelt sich eher um Neugier darauf, was sich in der Nähe des rechten und linken Randes  von unserem weißen Lichtspektrum versteckt. Von einer Seite gibt es, wie man sagt, Ultraviolett und von der anderen Infrarot, aber es muss ja weiter gehen. Erst dort wird man neue Farben entdecken können. Meine bewusste Handhabung des UV-Lichts ist ein Versuch, sich diesem unentdeckten Raum zu nähern - mit neuen Bonussen, wie ich hoffe, für alle.



Ausgewählte Werke

alle bilder ansehen