Ich bin glücklich, dass ich hier wohne

Barbara Czechmeszyńska-Skowron Spricht Barbara Czechmeszyńska-Skowron



Beata Murawska

Beata Murawska. Sie lebt seit fünf Jahren ständig in Ligurien, wobei sie diese Landschaft als Blumenparadies beschreibt. Ihre Farbgestaltung, bekannt von den großen Leinwänden, die Blumenfelder darstellen. Im Jahre 1988 hat sie ihr Studium an der Fakultät für Malerei der Akademie der Bildenden Künste in Warschau beendet. Ihr Diplom hat sie mit Auszeichnung in der Werkstatt von Prof. Stefan Gierowski erlangt; den Annex im Fach Grafik in der Werkstatt von Prof. Halina Chrostowska.


Du hast Dir ein Haus in Italien gekauft. Warum?

Ich hatte in meinem Leben so etwas wie eine Reisephase. Ich bin in alle möglichen Länder gereist. Als schließlich Italien an der Reihe war, hatte ich mich auf den ersten Blick in dieses Land verliebt. Diese Liebe dauert die ganze Zeit lang an und ich würde mir sehr wünschen, dass dies ewig so bliebe. Denn schließlich hilft diese Art der Begeisterung im Alltag.

Meine Besichtigung des Landes habe ich in Rom begonnen, vor mir liegt noch das Bekanntschaft machen mit dem gesamten Süden. Ich bin unheimlich neugierig auf Sizilien und Neapel. Im Moment wohne ich im nördlichen Teil des Landes, aber wer weiß, vielleicht ziehe ich ja um? Möglicherweise ende ich in Kalabrien? Von überall höre ich, dass die Bewohner von Süditalien sehr offen und herzlich seien.

Beata Murawska Beata Murawska

Was hast Du letztens besichtigt?

Wegen der Pandemie reise ich zur Zeit recht wenig, nur zu meinen Ausstellungen. Vor zwei Jahren sind wir spontan nach Florenz gereist - aber man konnte eigentlich gar nichts ansehen, solche Menschenmassen herrschten dort vor, lange Schlagen zu den Museen. Letztens war ich wieder in Florenz, ich hatte dort eine Ausstellung. Es war sehr beeindruckend, geradezu wie in einem surrealistischen Traum – leere Straßen, geschlossene Museen, ausgestorbene Cafés und Restaurants, das Leben ist erstarrt. Hier in Ligurien ist es jetzt auch ruhig, wegen Covid kommen keine Touristen, die Strände sind leer.

Wann hast Du Polen verlassen?

Dauerhaft bin ich nach hier vor fünf Jahren umgezogen. In Polen habe ich mein Haus verkauft und alle Angelegenheiten zum Abschluss gebracht. Außer natürlich meine Kontakte sowie meine Verbindungen zu Galerien.

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In Polen bist Du bekannt. Aber wie ist es in Italien?

In Polen verkaufen sich meine Bilder ausgezeichnet. Seit meinem Studium bin ich mit der Galeria Art verbunden, die man gerade dazu gezwungen hat, ihren Sitz von der Krakauer Vorstadt (Krakowskie Przedmieście) ins Weichsel-Quartier (Powiśle) zu verlegen. Ein großer Verlust ist das, denn dies war so ein richtig charakteristischer Punkt auf dem kulturellen Stadtplan der Hauptstadt. Aber Powiśle ist auch eine hervorragende Lokalität .

In Italien hingegen erarbeite ich mir erst meine Publizität. Derzeit erwerbe ich vereinzelt Kunden. Hier habe ich keinerlei großartigen Möglichkeiten: ich kenne zu wenig Menschen aus der Region, in der ich lebe, es gibt hier kein vergleichbares künstlerisches Leben wie etwa in Rom oder Mailand.

Ich agiere auf alle möglichen Arten, nehme an Kunstmessen und an Ausstellungen teil. Heutzutage gibt es das Internet, junge Galeristen suchen Künstler per Instagram – so ist zum Beispiel ein Galerist aus Florenz auf mich gestoßen. Im August hatte ich eine weitere Ausstellung, welche aufgrund von Kontakten über Facebook zustande kam. An eine Galerie in San Remo hatte ich mich selbst gewandt. Ich selbst finde einerseits Partner und andererseits finden die Partner mich.

Wer unterstützt Dich in Italien?

Nach Italien bin ich allein umgezogen, meine nächsten Angehörigen sind in Polen geblieben. In Rom wohnte mein Onkel, Prof. Adam Maria Gadomski, Physiker, Wissenschaftler und Aktivist der polnischen Gemeinschaft im Ausland. Er starb im März dieses Jahres. Zu ihm pflegte ich den Kontakt, aber zu seiner Familie irgendwie nicht. Aber ich habe hier in Italien einen Verlobten namens Lello. Er ist ein typischer, ja geradezu klassischer Italiener. Er erinnert in gar nichts an einen Polen, hat einen völlig anderen Charakter und italienisches Temperament. Er liebt die italienische Küche, die in seinem Leben einen außerordentlich wichtigen Platz einnimmt.

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Lello kocht?

Männer kochen in Italien häufiger als Frauen. Außerdem kochen sie hervorragend.

Ich jedenfalls kann nicht kochen ... (Lachen). Das heißt, mir schien immer, dass ich gut koche, aber neben ihm hat sich erwiesen, dass ich eine kulinarische Null bin. Und meine sauren Gurken oder meine polnischen Rindsrouladen kann ich mir leise und heimlich in einer Ecke einverleiben, am besten, wenn ich in Polen bin. In Italien aber in keinem der Fälle. In diesem Sommer habe ich paar Wochen in Polen verbracht, ich habe viele Sachen erledigt und es war wenig Zeit für Einkäufe und Kochen. Und da ist mir erst so richtig klar geworden, wie sehr ich mich nach Lellos Küche sehne, nach italienischen Gerichten. Das bedeutet wohl, dass ich mich bereits umgestellt habe und demnach durchaus auf meine sauren Gurken verzichten kann.

Was ist das für eine Cuisine?

Lello bevorzugt die für den Süden Italiens typischen Gerichte. In Ligurien lebt er seit ein paar Jahren, ist aber nicht sehr mit dieser Region verbunden, so dass ich andauernd zu hören bekomme, dass die hiesiger Mozzarella nicht viel mit der richtigen aus dem Süden zu tun habe. Und wie eine richtige Pizza schmeckt werde ich erst entdecken können, wenn er mich nach Neapel mitnimmt. Die Italiener, die ich kenne, tragen in sich über das gesamtes Leben hinweg ihre örtlichen Vorlieben und die Verbundenheit zu der Region, aus der sie stammen. Lello sagt immer von sich, er sei ein Römer.

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Warum hast Du Dich für Ligurien entschieden?

Das war ein Zufall. Ich hatte eine deutsche Immobilien-Agentur, die in Italien tätig ist, damit beauftragt, für mich ein Plätzchen zu finden. Ein großes Geschäft hatte ich wohl nicht gemacht, denn jetzt sind die Preise für Häuser schrecklich gefallen aufgrund der Touristenkrise, wie sie durch den Corona-Virus hervorgerufen wurde. Aber ich hatte davon profitiert, dass die vormalige Eigentümerin eine Polin ist, weil ich damals noch kein Italienisch verstand. Auch heute noch ist dies nicht meine Stärke, obwohl ich das Italienische täglich gebrauche und ich einzigartige Sprachschulen in toskanischen Luce sowie in Rom besucht hatte. Die italienische Sprache ist gar nicht so einfach, wenn man schließlich jenes gewisse Niveau der Konversation mit Finesse mit grammatikalisch korrekten Konstruktionen überschreiten möchte.

Für mich ist Ligurien sehr italienisch in seinem Charakter, aber Lello sagt immer, dass hier starke Einflüsse des Nordens sichtbar wären. Die Ligurier seien gar nicht lässig und locker, hier gäbe es kein „Dolce far niente“. Ihr Leben in diesen Bergeshöhen ist ziemlich hart und stützt sich auf Landwirtschaft, Viehzucht und Olivenproduktion. Das sind so Menschen wie etwa die polnischen Góralen, also Bergvolk – hart gesotten, arbeitsam, bekannt für ihre ausgeprägte Sparsamkeit und ihr zurückhaltendes Temperament. Sie sind wenig extrovertiert und unterscheiden sich demnach ziemlich von den Bewohnern des südlichen Italiens.

In Ligurien malst Du ein wenig anders als früher

Das stimmt. Mein Erkennungszeichen sind intensive Farben und Blumen, insbesondere Tulpen. Die Farben und Blumen sind geblieben, aber hier male ich mehr Landschaften. Aber bereits in Polen, vor meinem Umzug nach Italien, hatte ich damit begonnen mehr Landschaften zu malen. Ich liebe es, Blumen zu malen, und unter ihnen bevorzuge ich die Tulpen. Das bin ganz ich. Ich habe mir vor Jahren bereits dieses Motiv ausgedacht und beobachte sogar, dass ich heute Nachahmer habe. Aber ich war in Polen die erste. Und diese Tulpen-Variationen setzte ich auch heute noch weiter fort.

Warum ausgerechnet Tulpen?

Das ist eine Geschichte aus dem grauen Polen der 80-er Jahre, als ich an der Akademie der Bildenden Künste in Warschau studierte und damals alle Studenten ihre Bilder-Kompositionen grau in grau erstellten . Dies war damals die Mode. Und während dieser grauen Epoche lernte ich einen gewissen Diplomaten kennen, und zwar einen Holländer.

Er war von mir begeistert, ich von ihm allerdings spürbar weniger, denn ich hatte zu dieser Zeit keine seriösen Zukunftspläne. Das Sache endete damit, dass mein „fliegender Holländer“ in sein Land zurücksegelte und mir von dort einen großen Korb roten Tulpen schickte. Es war dies im Februar, Winter, düster, ohne Licht, eine recht traurige Jahreszeit. Diese Geste in Form des riesigen Korbs roter Tulpen machte auf mich einen außergewöhnlichen Eindruck. Und so kamen die Tulpen in mein Leben, haben sich in meinem Gedächtnis festgesetzt und ich versuche sie andauernd aus meinem Gedächtnis in der einen oder anderen Form nachzubilden.

Genau – Du malst letztens auch Blumen „in anderer Form“

Derzeit male ich Stiefmütterchen, aber auch meine verschiedenen ausgedachten Blumen. Solch wenig realistische „Paradies-Blumen“ würde ich sagen. Es inspiriert mich hierbei Ligurien, denn es handelt sich hier um einen Landstrich der Blumen. Hier wo ich wohne blüht über das ganze Jahr hinweg immer etwas anderes: Bougainvillea, Kamelien, Oleander und verschiedene andere extrem farbenfrohe Blumen, die bei uns in Gewächshäusern gezüchtet werden. In Polen bräuchten diese Pflanzen spezielle Pflege, hier aber breiten sie sich in großen Büscheln aus, wie etwa Unkraut am Straßenrand. Es gedeihen hier auch Kakteen; solche großen blühenden Aloe-Giganten und auch die stacheligen Opuntien machen auf mich einen großen Eindruck. Nicht ohne Grund haben wir hier die Bezeichnung „L'Autostrada dei Fiori“ („Die Autobahn der Blumen“).

Und dieser Geruch! Das Erste, was mir hier auffiel und woran ich mich nach der Besichtigung meines Hauses gut erinnern konnte, war dieser einzigartige Duft! So süß! Ich dachte damals, dass es so womöglich allein im Paradies duftet.

Demnach bist Du bei Deiner Reise nach Ligurien im Paradies angelangt?

Ganz genau! Hier ist es schön, malerisch, blumenreich und riecht nach Paradies. Ich kann nur sagen, ich bin glücklich, dass ich hier wohne.



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