Späte Anzeichen des Todes

Małgorzata Czyńska Wojciech Tuleya Von Małgorzata Czyńska Wojciech Tuleya



Fragen zum Bild: Portrait oder Stillleben? Noch ein Porträt oder bereits ein Stillleben? Eine Erinnerung an das Leben, ein Beweis für die menschliche Existenz oder nur Objekt, Knochen, Nichtigkeit, Ende, nichts mehr?

Łukasz Huculak
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Was ich sehe, hat wirklich existiert, könnte man beim Anblick eines Schädels sagen - aber was ich sehe, existiert nicht mehr. Übrig geblieben ist nur eine Hülle, beraubt der Haut, der Gesichtszüge, der Hässlichkeit oder Schönheit, der unter der Hülle verborgenen Gedanken, Gefühle und Erinnerungen, beraubt der ganzen Geschichte, die sich unter dem harten Gebein abspielte, beraubt der Individualität. Und jetzt kann man sich nur fürchten, weil der Schädel Angst bedeutet.

Łukasz Huculak

Edgar Morin fasst es in Anthropologie des Todes folgendermaßen:

Sogar ein Kind, sogar ein "wilder Mensch", sogar ein Sklave, wie Euripides sagt, denkt an den Tod und verspürt davor Angst. Eine Angst, die zugleich laut als auch still ist und sich in dieser zweifachen Gestalt in der ganzen Menschheitsgeschichte manifestiert. Laut: sie bricht in die Beerdigungszeremonien, während der Trauer herein, ertönt mit Donnerstimme von den Kanzeln, erklingt in Gedichten [...]. Still: sie zehrt am Menschen - unsichtbar, geheimnisvoll, irgendwie verschämt, kommt sie zum Ausdruck sogar im gewöhnlichen Alltagsleben. [...]

Und weiter: Die Angst vor der Zersetzung ist nichts Anderes als die Angst vor dem Verlust der Individualität. [...]

Die Besessenheit, selbst zu überdauern, offenbart beim Menschen, oft sogar mit dem Schaden für sein Leben, die ständig wiederkehrende Sorge um die Rettung der eigenen Individualität auch nach dem Tod. Die Angst vor dem Tod ist also die Erfahrung, die Vorahnung oder das Bewusstsein, die eigene Individualität verlieren zu müssen, ein gewaltsamer Vorfall, Leid, Furcht, Schrecken. Die Vorahnung eines Bruchs, des Bösen, der Niederlage, d.h. eine traumatische Vorahnung. Es ist das Bewusstsein einer Leere, eines Nichts, das sich auftut, wo früher die individuelle Ganzheit vorkam, also das traumatische Bewusstsein.

Früher war mit dem Tod alles vorbei, jetzt bleiben die Daten des Verstorbenen in der Cloud und auf der Festplatte; seine Handynummer wird von der Familie behalten, als ob es bedeuten würde: Er ist hier bei uns.

Łukasz Huculak

Zu unserer Zeit, als der Tod einer weitreichenden Medikalisierung unterliegt, so dass das Sterben im sterilen weißen Krankenhausraum zu einem etwas unwirklichen Prozess wird, als der Brauch, für die Toten Trauer zu tragen, verschwunden ist, als das Trauererlebnis möglichst unauffällig sein soll, als der Schädel zu einem modischen Accessoire mit glitzernden Swarovski-Kristallen ausartet, ist die Rückkehr zum Vanitas-Motiv eine künstlerische und soziale Herausforderung.

Łukasz Huculak behandelt das Thema ernst und führt den Schädel nicht auf die Rolle eines Stilllebens zurück. Seine Bilder mit dem Schädelmotiv entstammen eigenen Erfahrungen, einer tiefen Reflexion über fundamentale Themen. Zugleich ist der Schädel ein ästhetisches Objekt - dessen Grau, Textur, Verteilung der Durchbrüche sind Ziel der Exploration des Malers.

Łukasz Huculak

Lange Zeit glaubte er, dass der Ernsthaftigkeit eines Schädels - dieser Krone des Stilllebens - zwangsläufig etwas Groteskes beiwohnt. Lange betrachtete er das Malen von Schädeln als eine Fingerübung, ein Meditationstraining. Bis das Motiv an der Schwere gewonnen und das Gemälde den richtigen Aggregatzustand angenommen hat. Das existentielle Gewicht und die Kälte des Konstruktivismus sind zu einem Bild zusammengeschmolzen.

Nach den Zyklen von narrativen Gemälden kehrt der Künstler bewusst zurück zu Darstellungen mit einem Objekt, mit verschärften Kontrasten, zu Bildern, die man in einer Sekunde fassen kann, zu Werken für einen Blick.

Łukasz Huculak

Für den Maler und für den Betrachter bedeuten diese Arbeiten zugleich das Eintreten in die Dunkelheit. Unabhängig, oder vielleicht eben abhängig vom Thema, wurde die Palette dunkler, aber es gibt in dieser Finsternis eine Vielzahl von samtigen Nuancen, weichen Übergängen von dunklen zu helleren Tönen.

Natürlich könnte man über den Dialog mit der künstlerischen Tradition, über die Bedeutung des Schädels in der Kunstgeschichte schreiben. Die künstlerischen Werte der Bilder von Łukasz Huculak sind offensichtlich und bedürfen keiner Erklärung. Dass er das Motiv des Schädels aufgenommen hat, wollen wir mit den Worten von Roland Barthes erklären: Der Tod muss ja einen Platz in der Gesellschaft finden. Barthes wies hier auf die Rolle der Fotografie hin, Huculaks Medium ist die Malerei. Zurück kommt die evangelische Frage: Habt Augen und seht nicht? (Mk 8, 18).

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Fotos: Ewa Pfanhauser

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