Die Besänftigte Welt

Julia Hartwig Von Julia Hartwig



Wenn wir dem Satz von Valery zustimmen, daß die Wahrheit und das Leben Unordnung bedeuten, reicht es, noch einen Schritt zu machen, um die Kunst als eine Suche nach Ordnung zu betrachten. In der Malerei ist für mich das Stilleben ein Beispiel, wie sich der Maler vom Druck befreit, den die Überzahl an uns umgebenden Gegenständen ausübt - denn er wählt nur jene aus, die sein Künstlerauge mit ihrer Form, Farbe und Materie bezaubert haben. Wenn wir uns Alben mit Reproduktionen von Stilleben anschauen, sehen wir, wie riesig, vom Altertum bis heute, die Vielfalt der Themen ist, die diese Gattung betreibende Künstler aufnehmen. Wir finden dort herrliche, mit Farben betörende Blumensträuße, Tische mit Überfluß an Essen, Kelche voller Wein, Pokale, Jagdtrophäen, Messing- und Zinnschüsseln, Flaschen und Krüge von vielfältiger Form, Früchte, Gemüse, große Fleischstücke, Fische, Musikinstrumente. Die Wahl der gemalten Gegenstände, das Thema, ist keine Frage des Zufalls. Ein Maler sucht sie sorgfältig aus, indem er vor den Augen bereits eine Vorstellung des künftigen Bildes hat. Er wirft sie nicht einfach zufällig hin, sondern stellt oder legt sie nach einem vorgefaßten Plan, indem er sich durch die Vision des beabsichtigten Werkes leiten läßt.

Łukasz Huculak Łukasz Huculak Łukasz Huculak Łukasz Huculak Łukasz Huculak

Łukasz Huculak gehört zu den Malern, die arme Gegenstände lieben; auf eine fast evangelische Art will er beweisen, daß deren Armut nur scheinbar ist. Das Thema seiner Werke sind Krüge, Flaschen und Schachteln, in einer nicht zufälligen Ordnung arrangiert: auf einer weiten Fläche des Tisches, der zart, aber deutlich von dem mit ähnlichen Tönen gemalten Hintergrund der Wand absticht. Die Gefäße sind aus Ton, einem Stoff, der angeblich „taub” gegenüber den Farb- und Lichteffekten zu sein scheint. Durch die Wahl des Stoffes stellt sich Łukasz Huculak eine schwierigere Aufgabe, als wenn er ein Objekt aus Email oder Glas porträtiert hätte. Der erreichte Effekt ist erstaunlich, seine Tongefäße sind durchtränkt mit einem zarten und flimmernden Kolorit, das wie auf eine natürliche Weise das Licht fängt und zu einem unerläßlichen Bestandteil der Form wird. Die Kargheit der Bilder geht mit der Askese in der Farbanwendung einher: in der einzigen ausgewählten Tönung verbirgt sich eine ganze Skala von Schattierungen, immer mit einheitlicher Intensität, was diesen Werken einen Ausdruck der Ruhe und eine ernste Ausstrahlung verleiht. Huculaks Ölbilder fallen durch Differenzierung der Oberfläche auf. Manchmal ist sie glatt, als ob die Farbe dort leicht abgetragen wäre; andere Fragmente werden mit Pinselstrichen gemalt, die kleine Klumpen hinterlassen, an denen das von außen fallende Licht spielt. Dadurch gewinnen die Werke ein besonderes Leben, ein Leuchten.

Beim Arrangieren seiner Krüge und Flaschen meidet der Autor nicht Inszenierungen: mal bringt er die Gegenstände zusammen, mal stellt er sie wieder in großen Abständen voneinander, wie Figuren auf der Bühne. Manchmal befindet sich bei den Flaschen ein Holzklötzchen, als ein Überraschungselement und eine Bereicherung der Komposition. Wohlgemerkt, daß neben der Aufgabe, die Vielfalt der Materie des Tisches, der Wand und der Tongefäße zu zeigen, will sich der Künstler noch mit der Perspektive messen. Er stellt manche Flaschen tiefer und betont diesen Abstand mit dem Unterschied in der Farbintensität, so daß sie wirken, als wären sie von Nebel umgeben.

Spezielle Worte gelten den zwei Guaschen, die Früchte darstellen. Insbesondere begeistert die Pflaume: separat, königlich und dabei ja so bescheiden eingeschmolzen in den mit ihr harmonisierenden Hintergrund.

Beim Betrachten dieser Malerei ist es schwer, die Flaschen von Morandi oder die Tontöpfe von Zurbaran nicht zu erwähnen. Wenn sie die Meister von Łukasz Huculak sind, dann hätte er keine Besseren finden können.



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