Studie zur Kumulation der Reize

Małgorzata Czyńska Wojciech Tuleya Von Małgorzata Czyńska Wojciech Tuleya



„Da gibt es diesen Typ, Wiktor Gorazdowski. Der malt ziemlich coole Bilder!“, sagte uns Edward Dwurnik vor ein paar Jahren. Der junge Künstler hatte ihm ein paar seiner Werke zur Begutachtung zugeschickt. Er hatte seine Bilder an viele Maler verschickt, nach hier und nach dort, ein wenig blindlinks, um so auf eigene Faust Kontakte aufzubauen.

Wiktor Gorazdowski
Wiktor Gorazdowski

Ein Mann von außerhalb der Künstlerszene, ohne Ausbildung, ein Amateur, ein Autodidakt, wie immer man es nennen will. Auf jeden Fall ein nicht professioneller Künstler, der herausfinden wollte, ob er es denn mit der professionellen Welt der Kunst aufnehmen könne. Wer sagt denn letzten Endes, dass das Fehlen einer formalen Ausbildung ein Hindernis darstellt? Es ist nicht das Diplom, welches den Künstler ausmacht. Sogar Joseph Beuys pflegte zu sagen: „Jeder ist ein Künstler“. Der eine mehr, der andere weniger.

Gorazdowski traf die richtige Wahl, denn Dwurnik erkannte augenblicklich die Begabung des Malers. Schließlich basiert sein eigenes Schaffen auf der Faszination für die Sprache und Ausdruckskraft von Nikifor, dem größten polnischen naiven Maler. Und in Gorazdowskis Werken lässt sich mit Leichtigkeit eine Menge einer „Attitude à la Nikifor“ erkennen.

Gorazdowski ist ein Außenseiter mit einem starken Schaffensdrang. Auf diese Weise allein kann er sich selbst ausdrücken, zähmt er die Welt, kommuniziert mit ihr und lebt schließlich seine Weltanschauung. Diese letztgenannte Eigenschaft verbindet ihn stark mit Dwurnik, der ebenfalls in seinen Werken konstant die erlebten Realitäten kommentierte.

Und hier enden auch schon die Ähnlichkeiten, denn Wiktor Gorazdowski imitiert ja niemanden – die Ähnlichkeiten ergeben sich vielmehr aus derselben Haltung zur Kunst.

Gorazdowski hat seine eigene visuelle Sprache. Charakteristisch, raffiniert und beständig. Eine solche, die niemals die Prüfung an der Kunstakademie bestehen würde, doch was soll’s! Der Künstler wendet seine ureigenen Regeln der Perspektive und seine ureigenen Regeln der Konstruktion des Gemäldes an. Er zeichnet alles genau auf, mit der Präzision eines Ingenieurs. Er malt die Umrisse mit Farben aus und benützt hierzu sehr gerne Marker.

Er mag es, Geschichten zu erzählen, seine Bilder sind äußert narrativ, oft doppelbödig, mit einer zweiter oder dritten versteckten Bedeutung. Und der Künstler ist ein geschickter Erzähler: selbst innerhalb von schwierigen oder schmerzhaften Szenen sprudelt sein Humor und entlarvt dabei Tabuthemen. Die Realität, so wie er sie darstellt, wird surreal – oder vielleicht sind die Dinge ja einfach nur so wie sie sind.

Mit der Neigung eines Ingenieurs erschafft er abstruse Maschinen und Gerätschaften. Sie sind bizarr wie jene aus den Novellen von Raymond Roussel, einem Außenseiter der Literatur des 20. Jahrhunderts, ein Favorit unter den Surrealisten, dessen windangetriebene Uhren sowie mit Sonnenenergie und Windenergie angetriebene Pfahlrammen bis ins kleinste Detail beschrieben werden, und zwar akribisch genau hinsichtlich ihrer Konstruktion und Funktionsweise.

In Gorazdowskis Werken funktioniert ebenfalls alles gemäß den vom Künstler-Ingenieur festgelegten Regeln. Wir müssen nur einmal auf die Zeichnung blicken, die das Osmilogische Schachbrett darstellt, inspiriert vom Mechanischen Schachtürken, einer Erfindung des 18. Jahrhunderts, scheinbar eine brillante Maschine, aber tatsächlich eine clevere Mystifizierung, in die Gorazdowski seine eigenen Verbesserungen einführt. „Die technischen Lösungen, die ich für diese Gerätschaft vorschlage, sind Prototypen“, erklärt er, „vor allem aber bieten sie die echte Chance, eine solch vorgeschlagene Struktur zu konstruieren und deren störungsfreien Betrieb zu gewährleisten. Um die Lesbarkeit des Querschnitts zu verbessern, enthält die Zeichnung entsprechende Beschreibungen“.

Im Katalog zur ersten Einzelausstellung der Werke von Wiktor Gorazdowski werden die Zeichnungen von literarischen Miniaturen des Autors Tomasz Wiśniewski begleitet. Es war unser Traum, diese beiden Künstler in diesem Buch zusammenzubringen.

Öffnung

Öffnung Öffnung Öffnung Öffnung Öffnung Öffnung Öffnung Öffnung Öffnung Öffnung Öffnung Öffnung Öffnung Öffnung Öffnung Öffnung Öffnung Öffnung


Ausgewählte Werke

alle bilder ansehen