Der Schaum des Lebens

Martyna Sztaba Małgorzata Czyńska Spricht Martyna Sztaba Małgorzata Czyńska



Edward Dwurnik täuscht und verführt, seit Jahren manipuliert und spielt mit Journalisten. Er provoziert, schockiert mit seinem Lebensstil, so dass im Interview die Malerei manchmal zu kurz kommt und das Gespräch Erfolg, Frauen, Geld, Kleidung von Comme des Garçons und den neuesten Mercedes zum Thema hat. Auch Martyna und ich fragen Edward nach diesen Teilen seines Lebens, ohne zu vergessen, dass wir mit einem Künstler sprechen, der über 5.000 Bilder gemalt hat und der Arbeitspausen höchstens für zwei, drei Tage macht. Die Autos wechselt er, die Frauen kommen und gehen - der Malerei bleibt Dwurnik treu.

Edward Dwurnik Edward Dwurnik Edward Dwurnik Edward Dwurnik

Martyna Sztaba: Wir haben uns überlegt, wie wir dieses Interview strukturieren wollen und drei Punkte gewählt, die für Dein Schaffen wohl am wichtigsten sind: Frauen, Luxus, Arbeit. Stimmt das so? Und ist das die richtige Hierarchie?

Edward Dwurnik: Gut gewählt! Das sind Parallelthemen, aber die Reihenfolge ist auch wichtig. Am wichtigsten sind in meinem Leben Frauen, sie heben mich hervor, dokumentieren mich auf eine Art. Dank den Frauen erfolgt der ganze Rest - Lebensstil, Arbeit. Die Arbeit ist eine wunderbare Ergänzung.

Małgorzata Czyńska: Willst du den Frauen gefallen, magst du es, von der Umgebung verwöhnt, begehrt zu werden?

ED: Natürlich. Ich schöpfe aus dem Leben mit vollen Händen, trinke Honig und Schaum. Ich mag keine falsche Bescheidenheit, das hat überhaupt keinen Sinn. Ich bin gegen die Vorstellung, dass ein Künstler unglücklich sein oder eine fixe Idee haben muß, um die Welt zu retten, das halte ich für bescheuert. Die Arbeit soll Spaß machen und Profite bringen. Ein guter Künstler ist in der Regel gesund, reich und zufrieden. Schlechte Künstler sind meistens arm und krank.

MC: Du verehrst Frauen, hast aber spät angefangen, Akte zu malen. Einmal hast du sogar gesagt, ein Akt ist für den Maler am schwierigsten. War es für dich eine Herausforderung?

ED: Ich plante immer, Akte zu malen. Aber bei einem Frauenakt, um das Kolorit des Körpers wiederzugeben, den Geist aufzufangen, muß man wirklich viel Erfahrung als Maler haben. Ich wartete fünfzig Jahre, bis ich sicher war, dass ich den Teint, den Körper malen, diesen ganzen Wahnsinn der Weiblichkeit ausdrücken kann. Meistens stehen mir junge Mädchen Modell, die Älteren genieren sich, die Sechzigerinnen denken wohl, sie seien unattraktiv und hässlich, mit kaputten Körpern. Das stimmt nicht! Meiner Meinung nach sind achtzigjährige Greisinnen schön.

MC: Möchtest du Akte von älteren Frauen malen?

ED: Sehr, wohl mit Berufsmodels. Aber vielleicht liege ich falsch und es finden sich Frauen, die an ihre Schönheit jenseits des Alters glauben und mir Modell stehen.

MS: In Deinem Atelier steht seit langem das unvollendete Bild Sechzig polnische Frauen, die an der Bushaltestelle masturbieren. Woher dieses Thema?

ED: In den letzten Jahren malte Akte von Schwangeren. Es hat sich so ergeben, dass viele Bekannte Kinder erwarteten. Dann malte ich deren Partner, Verursacher dieser Schwangerschaften. Dabei habe ich sie gut ausgestattet, Männlichkeitsattribute betont. Ich malte ganze Familien, auch homosexuelle Paare. Dann kamen die Akte von Nichtschwangeren hinzu. Wenn ich lange an einem Thema arbeite, schließe ich den ganzen Zyklus gerne mit einer großen Komposition ab. Einmal hat ein Mädchen beim Modellstehen gesagt, es sei langweilig, so nichts zu tun, sie hätte lieber masturbiert, und so schlug sie mir das Thema für dieses große Bild vor. Die Leinwand ist ausgespannt im Atelier im Obergeschoss, wo ich mich seltener aufhalte, meistens arbeite ich im unteren Bereich. Hin und wieder schaue ich dort vorbei, male etwas hinzu, dann gehe ich wieder.

MC: Sind deine Models mit den Resultaten zufrieden?

ED: Meistens ja, denn sie sind gut getroffen - wohl proportioniert, in schönen Farben. Obwohl es ist einmal passiert, dass eine Frau auf das Bild schaute und ohne was zu sagen beleidigt wegging. Ich verstehe nicht, warum. Es passiert manchmal, dass ich etwas korrigiere, verschönere - darin steckt doch die ganze Magie der Malerei. Neulich, beim Porträt von Kazia Szczuka stellte ich fest, dass ihre Beine zu kurz sind. Ich habe sie um ca. 30 cm verlängert und jetzt ist es super.

MS: Du sagtest, du stattest Männer gut aus.

ED: Wenn die Attribute im Ruhestand sind, dann sind sie immer gleich, man weißt nicht, was passiert bei der Regung, deshalb füge ich meinen Modells immer ca. 20 cm hinzu und dann sind sie begeistert.

MS: Wie arbeitest du eigentlich? In kompletter Stille?

ED: Nein, überhaupt nicht. Wenn ich arbeite, kann man in meiner Anwesenheit reden, zuschauen, sich mit mir unterhalten. Ich bin darin geübt, denn als ich in den 60er und 70er durch Polen reiste und Landschaften malte, haben sich die Menschen mit mir unterhalten. Immer gab es eine Gruppe von Gaffern und Witzbolden, die mich ansprachen. Ab und zu habe ich mir einen Scherz erlaubt, z.B. malte einen Elefanten mitten auf einem Feld. Kinder, die mir über die Schulter schauten, waren entzückt!

MC: Brauchst du bei der Arbeit Ordnung?

ED: O ja! Ordnung muß sein. Immer muß man die Palette danach waschen und trocknen lassen, die Pinsel zurücklegen.

MC: Malst du jeden Tag? Ich erinnere mich, dass du einmal gesagt hast, ein Maler müsse immer bereit sein, immer einen nassen Pinsel dabei haben.

ED: Ja, gestern malte ich drei Grundierungen. Ich bin Workaholic, arbeite täglich, es gibt nur wenige Tage ohne Arbeit. Ich male oder übermale. Oft kaufe ich Bilder von anderen Künstlern, um eine fertige Grundierung zu haben. Ich bereite jetzt eine Ausstellung von Bildern vor, die ich mal übermalt habe. Die Liste ist lang, beginnend von Andrzej Wróblewski über Wilhelm Sasnal, Łukasz Korolkiewicz, Rafał Bujnowski, Marcin Maciejowski, Przemek Matecki. Das ist bequem, denn am Schwierigsten ist es, ein Bild zu beginnen, wenn man vor einer leeren, weißen Leinwand steht. Und wenn man etwas übermalt, ist es leichter, denn jemand hat bereits damit angefangen.

MS: Du hast Wróblewski übermalt? Soll das ein Scherz sein? Bitte, sag uns, dass du es zumindest bereust.

ED: Ich bereue, dass ich Korolkiewicz übermalt habe. Ich habe ihn so bekleckert, dass man nichts mehr sieht. Und Wróblewski hat Andrzej Starmach auf einer Auktion gekauft und sagte, er werde meine Farbschicht entfernen lassen.

MS: Wir wissen schon, wie du arbeitest. Und wie lebst du? Magst du Luxus?

ED: Heute trage ich ein Armani-Smoking zur Jeans. Ist es Euch aufgefallen?

MS: In welcher Lebensphase befindest du dich momentan?

ED: In der Endphase.

MS: Lass das Lügen und Kokettieren. Sag die Wahrheit.

ED: Es ist keine Lüge, im nächsten Jahr werde ich 70... 60.... 50, manche sagen 70.

MC: Das Sahnehäubchen auf der Torte wird wohl die Jubiläumsausstellung in MOCAK in Kraków?

ED: Ich wollte diese Ausstellung machen, aber vielleicht lieber doch nicht. Es könnte traurig sein, die Leute könnten denken, dass Dwurnik bereits 70 wird.

MS: Sie werden ganz anders denken: Dwurnik ist 70, fährt ein tolles Auto, kommt zum Interview toll gekleidet, alle mögen ihn, auch wenn er sie in den Interviews beleidigt.

MC: Sind die anderen Künstler nicht neidisch?

ED: Sehr neidisch. Aber nur weil sie selbst nicht malen können. Ich will die Namen nicht mal nennen.

MS: Stimmt es, dass du Ferien in Miami verbringst?

ED: Wo wir in die Ferien hinfahren, hängt immer von meiner aktuellen Partnerin ab. Sie entscheidet, ich passe mich an. Ich passe mich immer meinen Partnerinnen an, sie sind am wichtigsten und ich kümmere mich gerne um sie. Neulich bin ich von den Kanarischen Inseln zurückgekommen, wo wir viel Zeit im Spielkasino verbracht haben. Ich freute mich, wenn sie das ganze Geld verspielt hatte, weil es ihr so viel Spaß gemacht hat. Aber generell verlasse ich den Stadtteil Sadyba nicht gerne. Ich habe einen schönen Garten, wo jetzt alles blüht und so schön duftet.

MC: Die Frauen sind wichtig, die Arbeit ist wichtig. Und die Autos?

ED: Die Autos sind auch am wichtigsten! Sie sind eine Art Verlängerung der Männlichkeit. Ich hatte viele Spitzautos: der Porsche war nicht schlecht, aber jetzt habe ich einen Mercedes mit fast 500 PS. Nun spare ich für einen schwarzen Ferrari. Man muß die Klasse halten. Einmal habe ich in einem Interview gelogen, dass ich einen elektrischen Mercedes der S-Klasse habe. Und dann gab es nur Probleme, denn alle wunderten sich, wie es sein kann, wo es diesen Wagen in Autosalons noch gar nicht gab. In einem guten Auto kann man im Stau stehen, Musik hören und das ist nicht mal anstrengend.

MC: Wovon also träumt Edward Dwurnik, wenn er schon alles hat?

ED: Ich möchte, dass jemand vor meinen Bildern in Ohnmacht fällt. Oder eine Lachattacke bekommt. Nur einmal hat jemand in der Galerie vor meinem Bild gekotzt. So sehr hat ihn meine Kunst bewegt! Aber in Ohnmacht ist leider noch keiner gefallen oder gestorben.

MS: Fühlst du dich gut in diesen Räumen, wo wir jetzt sitzen? Gefällt es Dir, wie sich die Bilder hier präsentieren?

ED: Ich liebe es, wenn die Bilder sich in authentischen Räumen befinden. Und diese hier stehen gar für eine Idee, wie der Name des Unternehmens schon sagt. Ich habe bereits betont, dass ich Luxus sehr gerne habe. Schon im Kindergarten oder in der Grundschule habe ich mein Horoskop gelesen: dass Widder elegante Frauen anbeten. Das hat mich damals so beeindruckt, dass ich versuche, mich bis heute daran zu halten.

Photographs: Cezary Hładki. Interiors: Basia Dereń-Marzec



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