Bilder in Interieurs
Eine Farbüberschwemmung, Farbflut. Ohne Motiv, Geschichten, Architektur, ohne Himmel und Erde, Oben und Unten. Nur reine Abstraktion und reinste Freude am Malen. Edward Dwurnik als Abstraktionist? Der Maler von Städten und Städtchen, von polnischen Komplexen - das ja, so einen Dwurnik kennen wir alle, so funktioniert er seit 50 Jahren in unserem kollektiven Bewusstsein. Aber seit über einem Jahrzehnt arbeitet er, neben anderen thematischen Serien, an einem Zyklus von wenig bekannten abstrakten Bildern.
Der Zyklus XXV ist sein geheimnisvollstes Projekt. Heute behauptet der Künstler sogar, die Abstraktion sei das Wichtigste, sei die Befreiung der Malerei. Woher bei einem reifen Maler dieses Bedürfnis, die Richtung zu wechseln, woher diese plötzliche Explosion der hemmungslosen Malerei der Geste? "Ich malte Meereswellen, um Beruhigung zu finden", erklärt Dwurnik. ;Allmählich vereinfachten sich die schäumenden Wogen zu horizontalen Strichen. Ich wollte jedoch lieber Pollock als Tarasewicz nachahmen und begann, die Farbe in alle Richtungen zu gießen". Eine irreführende Erklärung, wie immer bei ihm, vielleicht auch eine Manipulation. Nur ein Künstler, der seiner Sache gewiss ist, kann zugeben, dass er sich einen anderen zum Vorbild genommen hat.
Dwurnik ist ein Maximalist: wenn schon die Farbe gießen, dann wirklich in alle Richtungen. Mit Schwung organisierte er die Welt des Bildes, baute die neue Materie auf, spannte Leinwände auf große Blendrahmen, goss auf sie literweise Farbe, deren Flecken, Bäche und Bächlein sich zu organischen Formen, zu einem wunderbaren Ornament zusammensetzten. Kein dieser Bilder ist ein Sonntags-Pollock. Für eine Wiederholung gibt es überhaupt keine Chance. Vom Zufall gibt es darin so viel wie nötig, um sich nicht zu langweilen, aber der Maler ist derjenige, der hier die Kontrolle behält. Dwurnik ohne Zeichnung und Motiv ist ein vibrierender Élan vital.
Die meisten Bilder dieser Ausstellung würden in Ihre Wohnungen eher nicht reinpassen. Es gibt hier keine Leinwand mit einem Ausmaß unter 2 m. Auf 800 m² konnten wir lediglich 38 Bilder unterbringen. Allein der Zyklus XXV zählt über 300 Werke. Gemalt wurden sie vorwiegend in den letzten 6 Jahren. Fast 50 großformatige Arbeiten im Jahr! Und gleichzeitig setzte er ja andere Bilderzyklen fort.
Die Bilder des Zyklus XXV wurden im Krakauer Kunstbunker und in der Galerie Biała in Lublin gezeigt. Trotzdem sind sie dem breiteren Publikum weiterhin unbekannt. Unsere Ausstellung, in der lediglich ein Bruchteil der Serie dargestellt wird, kann daran nichts ändern. Wir breiten diese Werke an den Wänden eines innenarchitektonischen Showrooms aus, betten sie in das beste Design der Welt ein - das Dwurniksche wird gezähmt und kultiviert.
Photographs: Maciej Landsberg, Michał Jaworski (book & art)