Il Chiostro
Es wurde mir kürzlich klar, dass meine scheinbar ziellosen Nachmittagsspaziergänge eine tief versteckte Bedeutung haben. Unbewusst treffe ich plötzlich Menschen, Gegenstände, Gebäude und Situationen. Sie verleihen meinen Überlegungen Sinn.
Wenn ich in meiner Wohnung aus dem Fester schaue, sehe ich Dächer. Ihre Farben verändern sich mit dem Wetter. Bei Sonnenschein ist alles unglaublich kontrastvoll und bunt. Die Gebäude leuchten ocker, rosa und rot.
Erst nach einem längeren Aufenthalt im Veneto wurde mir der Unterschied klar, den es zwischen der Heiterkeit der Italiener des Nordens, der Mitte und des Südens gibt. In Venedig ist das Lachen eher mit Komödie verbunden als mit Leben. Das venezianische Lachen ist raffiniert.
Die Grenze zwischen Ernst und Spaß ist sehr dünn.
Das Sittenbild Italiens, das man in Museen betrachtet, lebt auf den Straßen, Marktständen und Plätzen in allen italienischen Städten auf.
Die Italiener sind sehr stolz auf ihre Küche. Sogar wenn sie ein griechisches, chinesisches oder französisches Gericht loben – ihre Küche wird an erster Stelle genannt. Sie regen sich auf, wenn jemand dies bestreitet.
Es wundert mich, dass die ewig spaßenden Italiener, die scheinbar nie ernsthaft reden wollen, so viel zur Malerei, Architektur, Musik und Literatur beigetragen haben. Wir betrachten ihre Kunstwerke als majestätische „Arbeitsfrüchte“ des Künstlers. Wenn wir aber diese Schöpfer genauer unter die Lupe nehmen, sehen wir ihren großen Sinn für Humor, oft versteckt zwischen ernsten Zeilen. Ein echter Sinn für Humor spielt eine große Rolle im Schaffensprozess.
Vor Bars und Restaurants werden Tische gestellt. Durch halbgeöffnete Türen drängen die verschiedensten Wohlgerüche. Sie lassen kaum jemanden gleichgültig. Sie verführen mit Vorstellungen von saftigem Schinken, Salami, Oliven, frischer Pizza, Kuchen und Kaffee. Die Küche wird hier fast zur Besessenheit. Sie quält den Menschen von morgens bis abends.