Porzellanpuppe

Dariusz Vasina Von Dariusz Vasina



Als ich Student der Akademie war, haben wir mit zwei Freunden den Auftrag angenommen, eine alte Wohnung am Biskupi-Platz von der verstorbenen Wohnungseigentümerin einst gehörenden Sachen zu leeren. Alles ab in den Müll. Große Krakauer Wohnung, dunkel braune sargähnliche Massivmöbel. Ein Teil der Besitztümer barsch in der Zimmermitte aufgetürmt, wie Sägespäne aus einer Puppe herausgerissen.

Magdalena Sawicka Magdalena Sawicka

In Bergen aus Nippes, Kleider, Spitzen, vergessenen Gegenständen mit längst eingebüßter Qualität eingetaucht, haben wir voller Abscheu, andererseits mit ungesunder Faszination, ein nicht für uns bestimmtes Geheimnis aufgespürt. Hüte, Pfauenfeder, Seidenstrümpfe, Klammern, Spangen, matte Plastikbeutel für Wäsche, Büstenhalter mit Spitze und abgetragene Trenchcoats. Dicke süß riechende Parfüms aus Odessa, Reste von fetten Schminken. Raffinierte Haarkämme und Bürsten voller Haare. Schönheit, Präzision in Ausführung, Qualität der Stoffe und Formen, Alleinstellungsmerkmale der vergangenen Epoche kontrastierten mit süßlichem Geruch von Staub und frühem Tod.

Wir waren wie Kinder, die in Abwesenheit der Eltern ungestraft Schränke durchstöbern konnten. Mit Rotgesichtern öffneten wir alte Schatullen und Schachteln. Durchblätterten einst geschriebene Liebesbriefe und Postkarten aus in Pensionen verbrachten Ferien, und riefen sie ins Leben zurück. Drei junge Männer, die die verbotene Welt einer reifen Frau entdecken. Und das alles in den Schwaden von dickem, melassehaftem Leichen-Verfallgeruch. Das mit fettem Staub bedeckte Fenster gab uns das Gefühl eines sicheren Unentdecktseins. Wir gingen da schmutzig, müde, durchdrungen von süß-abweisendem Geruch, erfüllt von schmerzlichem ungewolltem Wissen, etwas schauerlich lächelnd, den Blick der anderen scheuend, raus. Wie zu junge Männer nach dem ersten Mal. Anstatt der Bezahlung konnten wir und etwas heraussuchen. Der A. nahm eine bezaubernd schöne Chromlampe und einen Dynamo aus Prag mit. Der O. nahm eine kleine Schatulle aus Metall mit einer halbpornographischen beweglichen Szene darin. Ich wählte eine kleine Porzellanpuppe mit fehlendem Oberkopfteil, die ich, jemanden kurz für sich gewinnend, sogleich verschenkte. Aber warum erzähle ich Euch das alles bei Gelegenheit dieser großartigen Ausstellung?...


Prof. Dariusz Vasina – Eine Passage aus der Einführung zur Ausstellung von Magdalena Sawicka



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