Taschenrechner

Marta Dzido Von Marta Dzido



Das erste Mal passierte es in dem dunklen Korridor, später, als du mich zu dir nahmst. Im Zimmer nebenan waren irgendwelche Bekannten von dir, du hieltst deine Hand auf meinen Mund, damit niemand etwas merkte. Das dritte Mal, noch in derselben Nacht, das war im Treppenhaus, als wir auf das Taxi warteten. Später, im Taxi, da schaute der Fahrer so merkwürdig auf mich, das ganze Auto war mit unserem Sex, unserem Geruch ausgefüllt, ich öffnete das Fenster und tat so, als ob ich nicht wusste dass er es weiß. Es war fast zwei Uhr.

Agnieszka Sandomierz Agnieszka Sandomierz Agnieszka Sandomierz

Das vierte Mal war, als wir ins Theater gingen, in der Toilette. Du sagtest, meine Hand rieche nach Mandarinen. Beim fünften Mal, wieder in deiner Wohnung, da war niemand da, aber ich war still, ich schreie nie, du fragtest, ob ich mit jemandem zusammen bin, da sagte ich, wahrscheinlich ja... Ich dachte an dich, aber du rauchtest nur eine Zigarette und wir sprachen nicht mehr. Das sechste Mal war bei mir, als ich dich zum Abendessen einlud. Ich hasse es zu kochen, es gelang mir nichts, alles musste ich wegschmeißen. Später bestellten wir eine Pizza und gingen zum Laden, um Wein zu kaufen. Ich dachte, du würdest bleiben, aber du wolltest nicht. Du sagtest, du hättest was wichtiges morgen in der Arbeit, du müsstest nach Hause und....

Das siebte Mal war im Park, nein.. das achte war im Park, das siebte war eben damals bei mir.

Das neunte war heute.

Agnieszka Sandomierz Agnieszka Sandomierz Agnieszka Sandomierz

Ich rief spontan an. Ich weiß, man sollte sich bei dir am Donnerstag um elf Uhr morgens nicht selbst einladen. Ich weiß, dir wäre es lieber, alles geplant zu haben. Du würdest deine Haare mit Wachs stylen, vielleicht würdest du ein Bad nehmen. Oder eine schnelle Dusche. Ich mag es aber, wenn du nach Schweiß riechst und deine Haut nach Salz schmeckt. Ich mag es lieber salzig, als dieses Parfüm für zweihundertfünfzig.

Wahrscheinlich war es dir peinlich zu sagen: komm nicht, ich bin beschäftigt. Ich muss duschen. Meine Socken sind schmutzig. Ich arbeite, habe ein wichtiges Projekt, ich mache eine Kostenplanung. Denn dann würde ich mich vielleicht beleidigt fühlen und würde nie wieder kommen. Also ließt du mich rein. Trotz Unzufriedenheit, trotz der Unordnung im Zimmer, trotz der Augenringe, trotz der ausgeleierten Hose und der fehlenden Kaffee-Milch.

Ich frage mich, ob du es magst, wenn Mädels deinen Bauchnabel lecken. Oh, mach dir keine Sorgen wegen der kleinen Fettfalte, das ist völlig normal, ich meine, bei deiner Arbeit, dem Auto, dem Sessel vor dem Computer, es ist sowieso gar nicht so schlecht. Nein, ich will nicht fies sein, nimm es nicht so persönlich.

Warum sagst du, dass ich merkwürdig bin...

Ich weiß, dich stört es, wenn ich meine Tage bekomme. Du sagst, ich kann keinen Sex haben, aber du kannst es nicht, ich schon, du schreckst vor dem bloßen Gedanken – Blut, wie eklig, Blut aus der Muschi, noch zehnmal ekliger.

Ich kam aber nicht, um mit dir zu schlafen. Ich kam, um bei dir zu schweigen. Um aus dem Fenster zu schauen und einen Würfel Zucker in Herzform zu lutschen. Ich kam zu dir, um so zu tun, als ob ich nicht da wäre.

Du würdest deine Kostenplanungen fertig stellen, im Zimmer daneben würdest du etwas am Computer rechnen. Ich habe sowieso keine Ahnung, was der Unterschied zwischen Netto und Brutto ist.

Das Links verwechsle ich mit Rechts.

Ich würde ganz leise in der Küche sitzen, an meinen Fingernägeln kauen. Ich würde meine Haare um die Finger drehen. Ich würde einen Apfel essen.

Aber das ist uns nicht gelungen. Du streicheltest mich durch meine Kleidung, durch mein Hemd und Unterhose. Vorsichtig und sanft, damit du das Blut nicht siehst. Damit es dein Gesicht nicht bespritzt. Oder deine gepflegten Hände mit den glatt gefeilten Fingernägeln. Und du dachtest: hol mir einen runter und dann geh. Aber du sagtest es nicht. Es ging nicht.

Deine Mutter hat dir doch immer wiederholt: man darf den Anderen nicht wehtun, Mädchen darf man nicht als Objekte behandeln.

Deshalb tatest du es nur in Gedanken, dein Schwanz hob sich immer höher, zum Mund. Du erinnertest dich an deinen Kumpel, der dir einen Film auf seinem Handy zeigte. Auf dem seine Freundin ihm den Schwanz blies und du dachtest, warum habe ich diese Version noch nicht, dann könnte ich das hier jetzt filmen. Ich würde es filmen und dann per E-Mail an alle Kumpels in die Arbeit schicken. Aber du würdest es nicht tun. Sogar wenn du so ein Handy hättest, würde dir so eine Bitte im Halse stecken bleiben.

Mädchen soll man nicht als Objekte behandeln – das brachte dir deine Mutter bei. Man muss nett und charmant zu ihnen sein. Besonders in den ersten Wochen der Bekanntschaft.



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