Das Gleichgewicht von Grau

Małgorzata Czyńska Von Małgorzata Czyńska

Nach Hause in Indien nimmt sie Fotos von alten Fabriken, heruntergekommenen Förderbändern in Niederschlesien mit. Grau, durch die Zeit zerstört. Soweit sie sich erinnern kann, hat sie gerne Stunden an den von den Menschen vergessenen, zum langsamen Absterben und Abbröckeln verdammten Orten verbracht. Immer wenn sie nachdenken, mit sich selbst bleiben wollte, ging sie, geschlossene Fabriken oder Minen anzuschauen, einen Spaziergang in der Nähe des Steinbruchs zu machen. Die Betrachtung der postindustriellen Landschaft macht es ihr möglich, sich in sich selbst zu vertiefen - es ist fast ein Zustand der Meditation.

Joanna PałysJoanna PałysJoanna Pałys

- In dieser Landschaft verliere ich mich, ich höre auf, über unnötige Dinge zu grübeln, ich bin da und jetzt. Die physische Anwesenheit dort gibt mir das Gefühl von Ausgeglichenheit und diese Orte zu malen ist ein Versuch, zu diesem Zustand zurückzukehren.

Strzegom, ihre Heimatstadt, beginnt und endet mit Steinmetzbetrieben. Hunderten von Gräbern, von grauen Granitplatten. Grau zur Begrüßung und zum Abschied. In der Mitte ein Steinbruch. Vielleicht kommt das Graue der Bilder daher. Andere Farben sind nur Randphänomene - wie Indien mit seiner Sonne und dem ganzen Farbspektrum, die sicher einen Einfluß hatten, wie auf dem Bild mit dem roten Gebäude, das an die traditionelle Koloristik der Fassaden von hier erinnert.

- Irgendwann hatte ich Lust, mich in den Farben auszutoben. Alles begann mit einem kleinen unschuldigen roten Fleck auf einem früheren Bild. So klein, fast unsichtbar. Sicherlich erinnerte das gewissermaßen an die Farbe, die in Jaipur zur Bemalung von Häuserfassaden gebraucht wird. Sie ist hier allgegenwärtig. Und dies ist auch die reale Farbe der Ziegel jenes  Hauses (deutlich verstärkt, denn in der Wirklichkeit war das Gebäude mit einer dicken Staubschicht bedeckt). All das setzte sich zu einem Bild zusammen. Ich fing an, gleichzeitig zwei Bilder in dieser Koloristik zu malen, aber bei dem zweiten hielt ich nicht durch und habe die Farben gedämpft. Ich mußte wohl dieses Bild malen, um froh und erleichtert zu meinen Grautönen zurückzukehren. Bei der Arbeit versuche ich, einen Zustand der Konzentration und Ruhe zu erreichen, und intensive Farben stören mich halt dabei.

Joanna PałysJoanna PałysJoanna Pałys

Rechnet man die Zeit zwischen den Reisen und das Pendeln nach Polen mit, lebt sie in Jaipur bereits seit einem halben Jahr.

- Schwer zu sagen, ob Jaipur meine Wahrnehmung der Landschaft besonders beeinflußt hat, aber es ist wohl so. Sicherlich hatte es irgendeine Wirkung auf meine Malerei, vor allem weil es das Farbspektrum aufhellt und den Gebäuden mehr Monumentalität verleiht. Ich schaue mich immer um und staune über die indische Architektur. Hier ist die Baufreiheit größer als in Polen und die Menschen machen davon Gebrauch.

Durch Jaipur fühle ich mich Polen noch mehr verbunden. Und es geht mir nicht um die Nationalität, sondern um einen bestimmten Ort auf der Erde und die damit verbundene Landschaft. In Indien sehe ich mich eher als Beobachterin, die durch die Grenze der Haut getrennt ist. Das ist nicht meine Landschaft, ich schaffe sie nicht mit. In Polen begreife ich mich als ein fester Bestandteil der Landschaft, als ob die Grenzen sich verwischten, die Zellen meines Körpers in die gleiche Richtung wie der in Graniten von Strzegom enthaltene Farbstoff vibrierten. Das Bewusstsein, mit dem Ort der Herkunft vereint zu sein, erschien bei mir als Folge der Ausreise.

Deshalb macht sie diese Fotos, nimmt sie als Abzüge oder im Laptop mit, dann breitet sie sie im Atelier in Jaipur aus, heftet sie an die Wände. Sie sind überall - auf dem Boden, auf den Tischen, in der Erinnerung.

- Ja, Du hast Recht: Wenn ich weg bin, sehne ich mich sehr nach der polnischen Landschaft, nach allem, was damit verbunden ist - nach dem windigem Wetter, dem bewölkten Himmel, dem getrockneten Gras.



Ausgewählte Werke

    • Object 70

      • Medium: Oil on Canvas
      • Size: 100 x 100 centimeters
      • Price: PLN 6500

    siehe das gemälde

    • Object 3

      • Medium: Acrylic on Canvas
      • Size: 100 x 100 centimeters
      • Price: PLN 5500

    siehe das gemälde

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