Der Große Junge

Katarzyna Świeżak Spricht Katarzyna Świeżak

Jacek ŁydżbaJacek ŁydżbaJacek ŁydżbaJacek ŁydżbaJacek ŁydżbaJacek ŁydżbaJacek ŁydżbaJacek ŁydżbaJacek ŁydżbaJacek Łydżba

Fühlst du dich wie ein großer Junge?

Ich benehme mich manchmal wie ein kleiner Junge.

Pflegst du die Kindlichkeit in dir?

Ja, weil ich ein sehr glückliches Kind war. Dank meinen Eltern. Es war lustig bei uns. Nie hörte ich das Wort NEIN, immer nur JA. Auch die Atmosphäre der Stadt, in der ich aufwuchs, war wichtig. Eigentlich war das ein Dorf in der Nähe von Tschenstochau. Wiesen, Felder, ein Teich, Kühe, Pferde, Bauernwagen, Schlägereien mit den Jungs vom Gegenüber... Ich wohne am Rande der Stadt, also Merkmale aus der Kindheit habe ich immer noch dabei. In meinen Bildern kehre ich aber nicht zur Kindheit zurück, sondern ich male das, was mich damals faszinierte: Flugzeuge, Schlachten, Panzer, Soldaten, Paraden.

Ist die Kindheit interessanter als Erwachsenleben?

Meine Kindheit war fantastisch, die Jugend genauso -- in der Oberschule, während der Studienzeit. Dann die Arbeit, Abenteuer mit den Galerien und, natürlich, die Familie. Tolle Erlebnisse geschehen mir ständig. Wie kann ich das erklären.... Man überträgt alles, was wichtig ist und was seine Spuren in unserer Psyche hinterlässt, mit der Zeit. Wenn die Atmosphäre zu Hause gut war, dann nimmt man diese positive Stimmung weiter ins Leben. Lust und Freude kommen dann von sich selbst. Du erreichst bestimmte Orte, triffst bestimmte Menschen, wählst bestimmte Situationen. Du möchtest, dass es immer und überall nett bleibt. Und so geschieht es.

... auch auf den Bildern.

Ich würde nicht sagen, dass meine Bilder nett sind.

Wie sind sie denn?

Sie sind rau, tastbar. Wie ein Flachrelief. Beim Malen benutze ich Maurerwerkzeuge – Spachtel, verschiedene Kratzer und Feilen. Eigentlich male ich keine Bilder, ich zerreiße sie. Vielleicht entspringt das meiner Faszination der alten Meister -- Fra Angelico, Giotto. Mich entzückt die verwischte, abblätternde Farbe, die wunderschönen, bleichen Blau. Die Struktur des Bildes, seine Körperlichkeit und Merkmale scheinen mir wichtig. Ich versuche Mal ein Bild zu übermalen, Mal zu entdecken, was tiefer ist. Zum Beispiel wenn ich auf Papier male, dann hat dieses Papier an sich eine Vornehmheit, eine Schönheit. Es fühlt sich so besonders an, seine Struktur und natürliche Farbe sind außergewöhnlich, sodass ein Paar Striche ausreichen.

Du wiederholst Motive. Man könnte sagen, du hast einen „festen Spielplan“.

Ständig male ich Engel, weil es mir Spaß macht. Eigentlich malen sie sich selbst, vor allem die Flügel. Ich muss dabei an nichts denken. Die Engel sind unterschiedlich. Einer hält eine Blume, ein anderer einen Schwert, noch ein anderer ein Kind und es gibt auch einen, der mit dem Drachen kämpft. Ich male auch Soldaten, Skinheads, Tauben und in letzter Zeit auch Schwäne. Und selbstverständlich auch Frauen. Vielleicht male ich kein Stillleben aus Unsicherheit. Es ist eine offene Komposition, es hat kein Ende, es gibt also eine Wahl. Man weiß nicht, von welcher Seite man an es herantreten soll, alle sind gut. Wenn ich ein Gesicht oder eine Gestalt male ist mein Spielraum begrenzt. Ich kann alles erfassen, weil die Komposition geschlossen ist. Meine Bilder sind beinahe symmetrisch, die Gestalten setze ich in die Mitte. Ich weiß, wie man sich in diesem Rahmen bewegen kann. Es ist nicht wichtig was, sonder wie man malt. Wäre es andersrum, dürfte ich nur ein Flugzeug, eine Gestalt malen. Mein Bekannter, ein Abstrakt-Maler, fragte mich letztens entrüstet: wie kann ein Flugzeug als Motiv dienen? Es sei ein Angriff auf die Form! Für ihn ist ein Flugzeug nur ein Spielzeug.

Flugzeuge begleiten dich ständig, sie sind fast wie dein Erkennungszeichen. Das sieht man auf den Fotos von Wojtek Prażmowski, deinem Freund und einem ausgezeichneten Fotografen.

Ähnlich wie ich mag er alles was fliegt. Er ist ein Engel-Fänger. Er fängt alle, die um Tschenstochau kreisen.

Habt ihr auch einen während des Fototermins gefangen?

Fast. Er flog über die Kathedrale aber es gelang ihm, zu entfliehen.

Ich frage mich, ob in deinen Bildern jemals das Irdische das, was mit Luft verbunden ist ersetzen wird. Ich denke hier an das immer häufiger abgebildete Motiv des Autos.

Einmal habe ich ein kleines Auto gemalt, einfach so. Jemand sah es und ich bekam eine Bestellung für einen ...DKW. Es stellte sich heraus, dass es sich um eine romantische Geschichte handelt: diese Person reiste in den Flitterwochen genau mit so einem sympathischen alten Kasten. Nachdem ich den DKW malte, ging es richtig los. Am aller Anfang war aber ein Ausschneidebild mit einer schwarzen Wolga.

Es gibt wahrscheinlich keinen Künstler, der sich nur auf eine Kunstform begrenzt. Bei manchen Ausdrucksformen tobt man sich aus, bei anderen entspannt man sich.

Du sprichst von dem Bedürfnis, Dinge „von der anderen Seite“ zu sehen

Sind Ausschneidebilder für dich nebensächlich?

Ich nehme sie sehr ernst, obwohl es sich um eine einfache Technik handelt: man schneidet aus, klebt auf, ein bisschen Spaß ist auch dabei. Gleichzeitig verlangt sie Synthese, Kontrolle, sonst würde man alles Mögliche ausschneiden. Es ist etwas ganz anderes als das Malen, wo man mit Farbe und Struktur wirkt. Ich interessiere mich für Modellbau - vielleicht sind Ausschneidebilder Folge dieses Hobbys? Vergiss nicht, ich machte meine Diplomarbeit im Plakat. Ein Ausschneidebild ist seine einfachste Form. Ich wünsche, dass aus Ausschneidebildern mal Poster entstehen.

Um zu prüfen, ob ein Künstler authentisch ist, kann man in seinen Werken, auf denen er nicht direkt porträtiert ist nach dem „unbewusstem Selbstbild“ suchen. Ein Foto von dir aus dem Katalog zur vorherigen Ausstellung erstaunte mich: ich sah einen Engel aus den Bildern Łydżbas!

Ich mag keine Spiegel also male ich mich selbst nicht. Es ist etwas anderes, wenn man versucht, sich in den Bildern auszudrücken – darauf beruht das Künstler-Sein. Aber ein Engel bin ich nicht. Ganz sicher.



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