Die Kultur Des Zorns

Szymon Holcman Von Szymon Holcman

Man könnte Koza etwas altmodisch als Renaissance-Künstler bezeichnen, da er sich mit vielen Kunstformen beschäftigt: mit den selbstverständlichen, wie Malerei, mit Videofilmen und Zeichentrickfilmen, bis hin zu Gedichten und Comics. Auf jedem Gebiet ist er erfolgreich und die Liste seiner Ausstellungen ist lang. Seine Werke zeigte das Museum der Kunst in Lódź, das Nationalmuseum in Posen, der Club Mózg („Mózg“) in Bydgoszcz (Koza wird hier in einer Reihe von Personen genannt, die den Charakter des Clubs bestimmt haben). Außerdem sah man sie in der Ausstellung „Die Grenzen der Malerei“ im Zentrum für Moderne Kunst in Warschau, neben Werken von Edward Dwurnik, Stefan Gierowski, Jerzy Nowosielski, Roman Opalka und Leon Tarasewicz.

Janek Koza Janek Koza Janek Koza Janek Koza Janek Koza

Er wird als Star und Legende der Breslauer Künstler-Avantgarde genannt, zusammen mit Monika Grzesiewska, Elzbieta Janczak-Walaszek, Pawel Jarodzki, Antoni Wajda, Krzysztof Walaszek -- Künstler, die mit der Galerie Entropia verbunden sind. Janek Koza stellte mit ihnen aus. Ihre erste Ausstellung, das der Friseurkunst gewidmete „Frisier Wunder“ fand in Galerie Entropia im Jahre 2000 statt. Dort zeigte Koza seine Versionen von Haarpflege-Produkten (Schaumfestiger, Farben) bekannter Marken, die er aus mit Buntstiften bemaltem Papier kreierte. Die nächste Ausstellung der Gruppe fand unter dem Titel „Fun Gun“ im Breslauer Arsenal statt und wurde unter skandalösen Umständen geschlossen, bevor sie eigentlich anfing. Es gibt keine bessere Reklame für einen Künstler und sein Werk als Verdammung. Deswegen wurden Janek Kozas Werke sowie die der anderen Künstler aus Breslau immer lieber in verschiedenen Orten Polens gezeigt: im BWA in Zielona Góra, während der Ausstellung „Europe non Stop“ , die der wirtschaftlichen und politischen Situation in Europa gewidmet war, im Manhattan in Lódź, wo Kozas „Bilder, die heilen“ präsentiert wurden (Janek Koza zeigte Szenen aus dem polnischen Gesundheitswesen, zum Beispiel, „Schmiergeld“ „Streik der Krankenschwester“ konstruiert aus Streichhölzern und Kastanien) und auch in Ustka in der Ausstellung „Kunst mit großem S“. Denselben Titel trug Kozas Artikel in dem Internet-Magazin „Leuchtturmwärter“ („Latarnik“), der die künstlerische Tätigkeit der Gruppe zusammenfasste.

Neben der Malerei beschäftigt sich Koza mit der Video-Kunst. Seine Filme wurden weltweit gezeigt – in Russland, Deutschland, Großbritannien, Brasilien, Japan, Holland, Tschechien, Österreich (während der Präsentation Vom Monument zum Markt. Der öffentliche Raum in der polnischen Videokunst in der Kunsthalle in Wien) und in der Ukraine.

Früher oder später musste dieses Interesse an der Videotechnik und bildenden Kunst zur Animation führen. Zuerst waren es einfache Formen, wie, zum Beispiel, die zwischen 1993 und 1994 entstandene Reihe „Erotische Lyrik“ oder „Konsum“ aus dem Jahr 1995, danach kamen vielfältigere Projekte – „Welcome in Cybersex“ (1999), „Hunde“ (2000), „ZTV – Fernsehen für Tiere“ (2001). Janek Kozas berühmteste und längste Zeichentrickfilmreihe bilden die im Jahre 1996 entstandenen „Erotische Beichten“. Zuerst wurden sie im Breslauer Regionalsender TV 5 gezeigt, später dann in Canal+, wo auch seine Reihe „Szczepan und Irenka“ gesendet wurde. In jeder Folge zeigte Koza „gewöhnliche Menschen“ die Liebesgeschichten aus ihrem Leben erzählten. Es waren Geschichten über den ehelichen Alltag, plötzliche Liebschaften, Untreue, Urlaubsflirts und körperliche Begeisterung. Alles wurde im Stil der „hässlichen“ Linie gezeichnet, nebenbei, ohne auf die Regeln der Proportion und Perspektive zu achten – so wie Koza seit langem zeichnete (zum Beispiel im Zyklus „Erotische Lyrik“, die drei Jahre früher entstanden war). Ähnlich sah die Filmanimation aus, die von den pedantischen Disneyproduktionen weit entfernt war. Die Illusion der Bewegung erzeugte eine einfache Verknüpfung von zwei Zeichnungen, auf denen der Held in zwei verschiedenen Posen gezeigt war. Durch die ganz bewusste Anwendung dieser Stilistik sowie den absurden Humor ist es Koza gelungen, eine Satire auf Fernsehshows wie „Verzeih mir“, „Laufende Gespräche“ und „All you need is love“ zu schaffen, bevor diese in unseren Fernsehprogrammen erschienen! Der Spott an sich ist einfach. Viel schwieriger ist es Geschichten zu kreieren, die gleichzeitig lustig, melancholisch, traurig, überraschend und nachdenklich von menschlichen Beziehungen erzählen. Koza gelang das. Der einzig von ihm veröffentlichte Comic, „Erotische Beichten“, ist eine Übertragung all dieser Ideen aufs Papier. Im Heft befanden sich auch Comic-Versionen von zwei Kurzfilmen: „Echte Liebe“ und „Familiengeschäft“. Der Rest erschien früher in der Zeitschrift „Aktivist“ . Erstarrt auf dem Papier, verlieren sie trotzdem nichts von ihrem morbiden Charme (der einzige Verlust ist die fehlende Stimme des Autors, der bei seinen Filmen der Lektor war).

Koza porträtiert meisterhaft die Hässlichkeit des menschlichen Körpers. Dies gelingt ihm mit Hilfe einer lässigen, zerrissenen Linie. Zum Schluss „verschmutzt“ er das fertige Bild. Das wahre Geheimnis liegt aber in den ungleichmäßigen, verkümmerten oder überdimensionalen Körperproportionen. In der detaillierten Darstellung der Bein-, Achsel- und Leistenbehaarung. In den Falten, Fettschichten, sichtbarem Zahnfleisch. Diese körperliche Hässlichkeit hat nichts mit der Hässlichkeit der Seele zu tun. Die Helden sind mal böse, mal sensibel. Sie lieben, betrügen, sind romantisch, dann wieder zynisch. Sie sind menschlich. Was man von den Mädchen auf den Seiten des „Playboy“ nicht behaupten kann. Ähnlich sieht es aus in Kozas anderen Comics. Die im „Arena Komiks“ gedruckte „Leere“ (noch eine Geschichte, die vorher als Zeichentrickfilm bekannt wurde) zeigt die Vorbereitungen einer polnischen Weltallmission, deren Erfolg von einem kleinen Fehler bedroht ist. In der Anthologie „Polnisches Manga“ befindet sich die Geschichte „Sailor Moon in Warschau“, in der eine kleine Asiatin schwer (die Krampfadern!) in einer China-Bude arbeitet. Sogar der legendäre Kapitän Żbik führt ein ähnlich banales und trauriges Leben. In der „Frischen Spur“ (Reihe „ Was nun, Kapitän?“) ist er kein Held, der Feinde jagt, sondern ein alternder Herr mit einem Bierbauch, der, auf der Suche nach entlaufenen Hunden deren Besitzerinnen, genauso gealtert wie er, verführt.

Janek Koza zeichnet Comics aus Spaß. Sein Geld verdient er in der Werbeagentur. Janek Koza ist nur sein Pseudonym, gewöhnlich wie seine Geschichten.



Ausgewählte Werke

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