Bild Anhalten (Teil I)

Małgorzata Czyńska Spricht Małgorzata Czyńska



Konzentrische Kreislinien mit mehrfarbigen Abschnitten, das Verzahnen von Farben, das Leuchten, der Eindruck vom Wirbeln und kaleidoskopische Veränderlichkeit – geometrische Kompositionen von Małgorzata Jastrzębska wachsen aus Erfahrungen von großen Abstraktionisten des 20. Jahrhunderts – Robert und Sonia Delaunay, Francis Picabia, Frantisek Kupka. Auf ihren Bildern wird die Farbe zur Form und zum Thema und die leuchtenden Sphären – Violett und Gelb, Rosa und Grün, Schwarz und Weiß - breiten sich nach den Regeln einer rigorosen Konstruktion aus.

Małgorzata Jastrzębska Małgorzata Jastrzębska Małgorzata Jastrzębska

Der Eindruck einer unaufhörlichen Bewegung – die wirbelnden Kreise setzen sich für ein Moment zu einem Muster zusammen, wie bunte Glasstücke im Kaleidoskop. Als ob Du „Bild anhalten” sagen würdest, aber man weiß, daß sie gleich weiter rollen und im nächsten Bild ihre Anordnung verändern werden.

Die Bewegung war gar nicht beabsichtigt, das ist ein Zufall, ein Nebenprodukt. Wenn ich über ein Bild nachdenke, ist für mich die Komposition am wichtigsten, erst dann die Farbe. Die Komposition ist immer einfach: zentral. Der Kreis als ideale Figur dient mir dazu, alle Operationen am Bild durchzuführen. Ich mag es, wenn die Farbe „nur” Farbe ist, wenn sie ihren zugewiesenen Platz im Bild hat. Die wichtigsten Töne sind für mich Schwarz und Weiß – die anderen liegen dazwischen. Ich lege einen flachen Fleck neben einen anderen flachen Fleck und plötzlich sehe ich, daß sie beginnen, miteinander zu agieren, daß das Bild folglich gar nicht so flach ist. Und das zieht mich wie ein Spiel hinein, das gefällt mir.

Eigentlich ist es schwierig, über die Abstraktion zu sprechen.

Es ist schwierig. Aber für mich ist es ganz natürlich, daß ich solche und nicht andere Bilder male.

Ich lebte immer in der Stadt und empfinde kein Bedürfnis danach, ins Freie auszuweichen. Man kann, ohne sich von der Stelle zu rühren, Teppichklopfstangen oder Autos vor dem Fenster malen. Mondrian hat ja aus der Landschaft eine riesige Wirkungskraft herausgeholt, indem er das verworfen hat, was auf der Welt am veränderlichsten und zerbrechlichsten ist – die Materie eines Objekts. Henryk Stażewski behauptete, eine in der Phantasie oder in einem Denkprozeß geschaffene Welt könne für uns realer sein als die Welt, die wir als real sehen. Und für mich ist eben das abstrakte Malen ein wenig als ob ich mich selbst gemalt hätte – es macht mir mehr Spaß. Das Problem steckt immer darin, daß die Abstraktion kein bloßes Auffüllen von Flächen mit Farben ist. Natürlich leugne ich nicht, daß ein Bild auch einen dekorativen Wert haben soll, das ist eine wichtige Funktion der Kunst. Aber ich fordere der Malerei etwas mehr ab. Dennoch will ich nicht, daß es meine Gefühle sind, die man vom Bild ablesen kann, ich versuche eher die Emotionen des Betrachters freizusetzen, dem Zuschauer etwas mehr als ein ästhetisches Vergnügen zu bereiten. Man muß aus dem Minimum das Maximum herausbekommen.

Du magst lieber Mondrian als Orphisten, Rigorosität und Sterilität der Technik mehr als spontanen Pinselstrich.

Die Rigorosität ist wohl eine Frage des Charakters. So wie im Leben, es gibt dort Räume des Durcheinanders, Sachen, die ich vernachlässige, aber es gibt auch welche, wo Ordnung herrschen muß. Und diese Bilder sind eben meine Schranken, ein Suchen nach Gleichgewicht – hier muß alles zurechtgelegt sein.

Früher wollte ich Architektin werden, eine kurze Zeit habe ich sogar das Baufach studiert, so habe ich angefangen. Vielleicht resultiert die Rigorosität meiner Bilder zum Teil daraus, daß ich wie ein Konstrukteur denke, weswegen es bei mir kein expressives, entfesseltes Malen gibt, sondern ein sehr durchdachtes Bauen am Bild – Schritt für Schritt, Farbe für Farbe.

Und Du verlierst nie die Kontrolle?

Bevor ich male, mache ich Zeichnungen, ich habe zwar meine Idee für ein Bild, aber es kann auch anders werden: der ganze Plan entgleitet mir und die Farben beginnen, mich zu führen. Und manchmal, aus Neugier darauf, was kommt, lasse ich dies zu. Aber nur manchmal, weil es doch mein Spiel ist.

Wenn die Abstraktion wirklich „Sich-Selbst-Malen” ist, dann müssen sich Deine Bilder ändern, weil Menschen, Situationen und Emotionen sich ändern – weil Du dich änderst.

Wahrscheinlich stimmt das. Wenn ich beim Betrachten meiner Arbeiten auf Fotos die Zeit erkenne, in der ich sie gemalt habe, weiß ich, was ich damals gedacht und gefühlt habe.

Jedes Bild bedeutet ein Problem, auch wenn ich es selbst für mich nicht deutlich erklären, nicht benennen kann – es ist trotzdem immer die Erfüllung eines Themas, die Antwort. Und jedes nächste Bild wird bereits eine Suche nach etwas Anderem, etwas Neuem.



Ausgewählte Werke

alle bilder ansehen