Grau in Vanitas-Tönen

Bogusław Deptuła Von Bogusław Deptuła

Und unterdessen gibt es ja keine radikalere Veränderung als den Tod. Nicht ohne Grund ist der Tod die erhabenste Verfeinerung, die erhabenste Würde, die erhabenste Noblesse. Nach dem Tod wird sogar ein verachtungswürdiger Mensch nobilitiert und wir müssen von ihm mit Achtung sprechen. Nicht ohne Grund ist der Tod ein Lehrer des Ästhetizismus.

Alberto Savinio, Neue Enzyklopädie

Wir tragen ihn unter der Haut und das ist wahrscheinlich das Faszinierendste daran: Wir sind das ständige und immer wiederkehrende, lebende Symbol unserer Endlichkeit, das näheste und das zutreffendste Exemplum dieser Situation. Wir nehmen nie Abschied von ihm, und wenn ja, dann hören wir auf zu sein... Also, so lange es geht, sollen wir dieses allgemeinste Symbol unserer irdischen Vergänglichkeit nicht wegwerfen. Solange wir ihn dabei haben, sind wir offenbar nicht vergangen...

Łukasz Huculak Łukasz Huculak Łukasz Huculak

Schädel und Skelettmotive waren bereits, wenn auch nicht oft, in der Antike zu finden; dann, zunächst als Marginalien, auch in der Kunst der Neuzeit. Zwei Epochen in der Kunstgeschichte waren aber die Zeit ihres wahren Triumphes: das Mittelalter und der Barock. Nie zuvor und nie danach hat sich der Schädel in der Kunst so fest eingenistet und so weit verbreitet.

Das Wichtigste: der Schädel lag am Fuße des Kreuzes, an dem Christus getötet wurde. Und da nichts durch Zufall geschieht, lag er dort, weil im göttlichen Plan der Ort, wo die Römer das Kreuz errichtet haben, derselbe war, an dem die Überreste des ersten Menschen / des Sünders Adam beigesetzt wurden. Und eben seine Sünde - die Todsünde - war jene, die Christus wiedergutmachen sollte. Daher war der auf vielen mittelalterlichen Kreuzigungen dargestellte Schädel am Fuße des Kreuzes der Schädel Adams, dessen Sterblichkeit besiegt wurde - durch das Martyrium Christi auf dem Berg Golgatha, also dem Ort des Schädels.

Dann zierte der Schädel, als Skeletts Krönung, zahlreiche Totentänze, sowohl die geschriebenen als auch die gemalten, am meisten aber die in Holzblöcken geschnitzten - um desto zahlreicher kopiert und vervielfältigt zu werden, Angst und Verzweiflung unter den Lebenden zu säen und jene dabei ständig zu ermahnen.

Wir verdanken diesem Didaktismus ein anderes, äußerst faszinierendes Phänomen der europäischen Kunst: Grabsteine vom Typ Transi, die vor allem in Form von Skulpturen im Zeitraum von etwa zweihundert Jahren, zwischen der Mitte des 14. und der Mitte des 16. Jahrhunderts auftauchen. Der Mensch im Transit, zwischen Leben und Tod. Kurz gesagt, eine doppelte Darstellung, die das, was sich auf der Grabplatte befindet - den Verstorbenen in seiner Pracht, mit getreu betonter sozialer Stellung - mit dem verbindet, was unter der Grabplatte liegt: mit sterblichen Überresten der ehrwürdigen Leiche, angegriffen von Fäulnis und Zersetzung. Skelette mit Hautfetzen, deren heraustretende Organe Schlangen, Eidechsen, Fröschen und Kröten fressen, mussten sehr unangenehm wirken, denn heute ist es nicht anders.

Allmählich gewann der Schädel eine Selbständigkeit und verbreitete sich auf vielen Darstellungen. In der Geschichte dieser Expansion nimmt das kleine Triptychon von Hans Memling von etwa 1485, befindlich im Museum der Schönen Künste in Straßburg, einen wichtigen Platz ein. Zuerst taucht der Schädel neben dem Grab auf, dem der kürzlich Verstorbene entsteigt; dann wird er auf der anderen Seite dieses kleinen Altars zum selbständigen Thema eines der Paneele und füllt stolz seine Fläche auf. Ähnlich sieht bei Jan Gossaert Mabuse der in einer steinernen Nische liegende Schädel von 1517 aus: sein Erscheinungsbild wird durch den abgebrochenen Kiefer zusätzlich dramatisiert, was die Unbeständigkeit expressiv betont. Kurz danach präsentierte er sich auf der Zeichnung von Lucas van Leyden von 1521, die den heiligen Hieronymus darstellt; der Schädel nimmt den ganzen Vordergrund ein, so ungeniert und aufdringlich, dass es unmöglich ist, ihn in Frage zu stellen. Unabhängig davon, ob der Autor der ersten Bibelübersetzung ins Lateinische in der Wüste oder in seiner intellektuellen Schreibstube zu sehen war, durfte der Schädel in der Nähe des Eremiten, dieses größten Bibelwissenschaftlers des Christentums, grundsätzlich nicht fehlen.

In der italienischen Renaissance erschien der Schädel auch ziemlich oft - nicht nur in der Malerei, auch auf Medaillen und Reliefs. Schon damals wurde er zum sichtbares Zeichen der Vergänglichkeit und Unbeständigkeit der Welt, zum Requisit von heiligen Einsiedlern und Einsiedlerinnen, verliert jedoch viel von seiner Drastik, indem er gleichzeitig an Eleganz gewinnt. Es begleitet immer die Darstellungen von Maria Magdalena, wo die Schönheit des nackten weiblichen Körpers mit der Nacktheit des Knochens kontrastiert.

Aber es war die Fülle des Barocks, als die Schädel schließlich in viele Darstellungen einbrachen, die man vanitativ nennt - Stillleben von großer Vielfalt und Popularität, mit Musik, Blumen, Büchern, Kunst, Speisen; die Schädel konnten überall zu finden sein. Einer der bekanntesten und charakteristischsten ist das Werk von Philippe de Champaigne, dem Maler, der die jansenistische Zurückhaltung mit dem höfischen Prunk verbindet. Der große Porträtist und subtile Kolorist hat im erwähnten Stillleben eine erhebliche Direktheit gewagt: er stellte den polierten Schädel auf die steinerne Tischplatte auf, zwischen eine Blumenvase mit Tulpe und eine Sanduhr. Das Dilemma ist also klein - zwischen dem schnellen Umschütten und etwas langsameren Verwelken. In beiden Fällen ist das Ende leicht vorhersehbar und immer gleich; die Wahl kann man sich schenken...

Aber "am tödlichsten" waren die spanischen Bilder aus dem 17. Jahrhundert - dort schienen die Maler keine Illusionen mehr zu haben. Die Schädel von Antonio Pereda oder Skelette von Juan de Valdés Leal konnten bezüglich der erwarteten Zukunft nicht positiv einstimmen: nicht nur, dass wir ohne jeden Zweifel vergehen, mehr noch: nach dem Tod erwartet uns höchstwahrscheinlich nichts Gutes, nur die Qualen im Fegefeuer. Diese Arbeiten hatten ein Ziel: dem Zuschauer zu versichern, dass die Perspektiven nicht die besten sind. Und eben diesen, unguten Ruf haben sich die Werke der Iberischen Halbinsel erarbeitet.

Zu dieser Zeit ist auch das Bild entstanden, das die Phantasie nicht nur vieler Maler, sondern auch vieler Dichter und Schriftsteller stark inspiriert hat, und - mehr noch - für immer in die europäische Kultur einging. Nicht ohne die Beteiligung von antiken Autoren entstand unter dem Pinsel von Guercin eine Ausnahme-Darstellung: Et in Arcadia ego. Eine Gruppe von Hirten in einer idyllischen Landschaft findet einen Schädel, der aber nicht so ist, wie wir es von anderen Bildern gewöhnt sind. Dieser hat an sich nichts Elegantes, nichts Steriles - er ist abscheulich. Man sieht immer noch Reste von Haut und Haar; daneben wartet, in der Hoffnung auf eine Mahlzeit, eine beachtliche Menagerie: eine Fliege, eine Maus, eine Eidechse. Dies ist kein Symbol, nicht einmal ein Friedhofsrequisit, im Gegenteil: ein frischer Fund von einer sehr irdischen und stinkenden Herkunft.

Das 18. Jahrhundert befasste sich weniger mit der Ewigkeit als mit dem flüchtigen Augenblick. Die Vanitas-Motive in Bildern sind zwar nicht verschwunden, aber die Schädel wurden deutlich seltener. Am Ende des 19. Jahrhunderts kehrte Cézanne zu ihnen zurück, sie faszinierten auch James Ensor. Im 20. Jahrhundert war dieses Motiv mehrmals bei Picasso und zuletzt bei Gerhard Richter zu finden. Eine ganze Reihe von Schädeln produzierte Andy Warhol, der sie offenbar für eine Ware hielt, die sich nicht schlechter als andere verkaufen lässt.

Heute macht man Schädel buchstäblich aus allem: aus bunten Zuckererbsen, Pillen, Stiftspänen, Wachs, Zucker, Schokolade, Zigarettenpapier, Glas, Kunststoff und - natürlich - aus Diamanten: ein kostbares Juwel ist ja der berühmteste Schädel unserer Zeit, das Werk von Damien Hirst. Wir finden Schädel auf Blusen aus dem Boutique und im Glitzerzeug von Swarovski. Diese Karriere in der Popkultur und die gleichzeitige Trivialisierung ist ein Signum unserer Zeit: beraubt des Geheimnisses und der Vanitas-Botschaft, gingen die Schädel ins Repertoire nicht besonders raffinierter dekorativer Motive ein. Vielleicht ist das nicht ihr "letztes Wort", ihre letzte Präsenz in der Kunst: 2015, auf der Biennale in Venedig hat die hervorragende Malerin Marlene Dumas eine Serie von Schädeln gezeigt. Dieses Motiv erscheint auch in melancholischen Zyklen von Victor Man.

Nun schließt sich dieser Gruppe Łukasz Huculak an, mit einer Schädelserie, die sehr groß und vielfältig ist - als ob er zeigen möchte, dass das Thema nicht nur alt und nobel, sondern zugleich unerschöpflich ist. Oder vielleicht - dass das Problem, auf das es sich bezieht, eine Art kulturelle Obsession darstellt, die im individuellen Unterbewusstsein je lauter ertönt, umso tiefer sie beim kollektiven Streben nach einem erfolgreichen Verlauf unserer irdischen Episode verdrängt wird.



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