Wenn du dich neben mich setzt und wir flüstern können

Adelajda Truścińska Von Adelajda Truścińska



Wenn du dich neben mich setzt und wir flüstern können, sage ich: ich wusste nicht, dass du aus einem Blatt Papier einen Briefumschlag basteln kannst. Ich wusste nicht, dass du dich manchmal einsam fühlst.

Jacek Cyganek Jacek Cyganek

Ich sitze auf einem Stuhl mit nach hinten geneigtem Kopf, schaue auf die Decke, von Zeit zu Zeit schließe ich die Augen, mache Faxen. Jetzt verdecke ich mein Gesicht mit den Händen, reibe mir die Augen, gähne, stecke mir die Finger in die Augen. Jetzt stecke ich mir die Finger in die Ohren, streichle meine Ohren von außen. Jetzt greife ich mich am Kopf, werfe meine Haare in alle Richtungen, stelle sie auf, halte sie, lasse sie los, sie fallen langsam, ich fange sie nochmal, stelle sie wieder auf und lasse sie los, und so noch zwei weitere Male. Jetzt falte ich meine Hände wie zum Gebet, schaue nach vorne, lasse den Blick hängen, die Augen ruhen sich aus. Ich bin müde, ich neige den Kopf nochmal nach hinten. Es ist unbequem, ich wechsle meine Position nicht.

Wenn du dich neben mich setzt und wir flüstern können, sage ich: "Wenn Picasso nur Deine Nase sehen könnte."

Jacek Cyganek Jacek Cyganek

Tage

An heißen Tagen, als Andere im Schweiß badeten, stand ich einfach da und betrachtete die Schatten von fliegenden Objekten. Plötzlich beschleunigte alles. Ich spülte zurück und sah den Osten, ich spülte vorwärts und sah den Osten. Ich empfand die leisesten Klänge und dachte, dass ich in einem Film war.

Ich konnte kaum atmen, mein Hals schnürte sich zu, mein Herz klopfte. Ich wachte unter einer heißen Bettdecke auf, aber wenn ich von unten meine Hand hinausstreckte, war die Luft eisig. Ich wusste nicht, was dieses Gefühl sollte, war stets überzeugt, in einem Film gewesen zu sein. Der Himmel war rosa, mein Gesicht hellgrün und meine Umrisse rot. Und die ganze Zeit schaute ich nach vorne. Ich weiß nicht, worauf, denn die Kamera hat das nie gezeigt. Ich sah nur das, was hinter mir war.

Tarantino sah sich heute Filme an, den ganzen Tag lang. Alexander starb heute vor Hunger, den ganzen Tag lang. Ich las davon an der Wand im Treppenhaus. Als ich runter oder raufging. Oder vielleicht war es jemand anderer. Die Kamera hat das nie gezeigt. Die Wand kam nie ins Bild.

Jacek Cyganek Jacek Cyganek

Beim Verlassen der psychiatrischen Praxis

Beim Verlassen der psychiatrischen Praxis, beim Verlassen des Krankenhauses weiß er, dass es besser wird. Er weiß, dass es besser wird.

Es ist ein schöner Tag und obwohl es grau ist, scheint alles in Ordnung zu sein. Es ist wirklich ein herrlicher Tag. "So sieht die Welt aus, wenn ich gesund bin, so sieht die Welt aus, wenn ich geheilt wurde", wiederholt er vor sich hin.

Er läuft, springt über Pfützen und obwohl er darin jemand anderen sieht, scheint alles in Ordnung zu sein. "So sehe ich gesund aus, so sehe ich geheilt aus", sagt er. "Die Menschen schauen mich an und loben mich, alles ist in Ordnung, sie klopfen mir auf die Schulter, sagen: Alles OK, endlich bist du du selbst. Endlich bin ich ich selbst.

Vielleicht zahle ich besser heute all meine Schulden zurück, gebe meine Plattensammlung ab, werde keinen Ärger mehr bereiten. Du brauchst dir keine Sorgen um mich zu machen. Jetzt bin ich  sehr stark. Ich fand in mir genug Kraft."

Jacek Cyganek Jacek Cyganek

Das Ende der Ferien

Ich habe in meinen Taschen alle notwendigen Sachen, wodurch meine Hose nach unten zieht, sie hat keinen Gürtel. Nur in einer Hose habe ich einen Gürtel, aber es ist nicht diese. Mädchen und Jungen, die daneben sitzen, spielen Stadt-Land-Fluss. Dieses Spiel ist nichts für mich, denn sie haben den Buchstaben R genannt. Ich kann R nicht aussprechen, sie aber tun es ganz natürlich, einfach so, völlig frei, ohne viel nachzudenken: R, R, R.

Meine Taschen sind voller Sand, meine Hose hängt an mir und gibt, ohne jegliche Metaphern, den Blick auf ein Stück dunkelblaue Badeshorts mit Kordel frei. Mädchen und Jungen unterbrechen das Spiel und überlegen, ob sie auf dieser Station auf eine Zigarette aussteigen sollen. Sie wissen es noch nicht, aber ich werde mit ihnen gehen. Ich werde möglichst freundlich und höflich und nett fragen, ob sie mir eine Zigarette anbieten können. Sie werden antworten: Na klar. Nimm drei.

Damit habe ich viel Erfahrung, aber sag nichts meiner Mama.

Hinter der Scheibe erstreckt sich eine schöne Landschaft. Wer hätte das gedacht. Gar nicht so übel, dieses Polen.

Mädchen und Jungen schliefen ein. Auf ihren Rücken haben sie Sonnenbrand und manchmal stöhnen sie im Schlaf, wenn ihre nackte heiße Haut die rauen Sitze berührt. Unter ihren Beinen liegen kleine, modische Rucksäcke voller Sandwiches aus einer und derselben Backware. Neun gleiche Brötchen mit Salat. Wenn sie aufwachen, werden sie über ihren Vegetarismus sprechen.

Wir passieren unbekannte Dörfer, unbekannte Häuser. An den Gleisen steht immer jemand und betrachtet den Zug, mit dem ich nach Hause fahre. Manche winken uns zu. Ich würde lieber in die andere Richtung fahren. Manche haben Fisch gefangen. Ich würde lieber einen Sonnenbrand auf dem Rücken haben. Manche kicken Steine, essen Obst, rufen nach ihrem Hund. Ich würde lieber mein Gesicht zur Sonne wenden, um das Licht zu sehen. Die Augenlider schließen, die Wärme spüren, deren Farbe nennen.

In den Taschen habe ich meine Hände, hinter dem Fenster habe ich ein Stück Himmel.

Jacek Cyganek Jacek Cyganek

Der Schrei von John Frusciante

Es ist sieben Uhr morgens, ich gehe vor das Haus, es ist heiß.

Das ist das Bild, auf dem ich barfuß auf einem heißen Fliesenboden stehe, an eine heiße Tür gelehnt, die immer geschlossen bleibt. Meine Haut ist rot, sie bedeckt das, was darunter ist. Die Blätter an den Bäumen sind grün, die Sonne ist weiß. Es gibt da nur einen Tisch, es gibt da nur einen Stuhl, nie wird hier noch jemand sonst sein. Ein Mensch mit Ansichten, ein Mensch mit dem Kopf auf den Schultern, ein Mensch, der den Schrei von John Frusciante hört.

Die Luft setzte sich in Bewegung, trug den Klang weiter, ein Augenblick verging. Ich drehe mich um, öffne die Tür.

Das ist das Bild, auf dem ich barfuß durch die Tür gehe.

Jacek Cyganek Jacek Cyganek

Wenn all das dazu geführt hat, dass ich in der Luft zerfließe

Es ist 18 Grad, die Wolken sammeln sich.

Irgendwelche Männer, die in den Sonnenaufgang hineindringen und irgendwelche Frauen, die in der Luft zerfließen. Sie mussten sich wieder daran erinnern, wie es ist, in den Sonnenaufgang hineinzudringen, wie es ist, in der Luft zu zerfließen, und sobald sie sich daran erinnert haben, mussten sie es wieder vergessen.

Eine Frau, deren Gesicht ich nie sehen werde und ein Vogel, der nie aufsteigt.

Ich weiß nicht, wo das hinführt. Wenn zum Schweigen - OK, wenn zu nichts - OK.

Es ist 17 Grad, es regnet. In einer Stunde wird die nächste Stunde sein.



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