Metamorphosen

Wojciech Tuleya Von Wojciech Tuleya

Heutzutage ein Künstler zu sein bedeutet, sich auf Reisen zu begeben. Agnieszkas Reise fing in ihrem Elternhaus in Gdynia an, in ihrem Atelier. Das Haus stand auf einem hohen Meeresufer. Das Atelier, ähnlich wie Arbeitszimmer in alten, romantischen Villen, hatte Fenster zu allen Himmelsrichtungen. Es reichte schon, sich ein wenig hinauszulehnen, um die Reise anzufangen.

Agnieszka Brzeżańska
Agnieszka Brzeżańska Agnieszka Brzeżańska

Eine Künstlerkarriere hat viel mit dem Beruf eines internationalen Detektivs gemeinsam, mit der Suche nach dem Heiligen Gral. Neue Ausstellungen, Treffen mit Meister-Professoren, bessere Stipendien, tiefere Einweihung, alles erworben, aber mit Abschieden, Ausreisen und Verlust erkauft.

Agnieszka Brzeżańska

Agnieszka besuchte Schulen in Gdynia und Warschau. In Frankreich lief sie Ski, in Holland besuchte sie Museen. Sie studierte, arbeitete und lebte in solchen exotischen Orten wie Indochina und Kappadozien. „Günstig ist es, das Weltmeer zu überqueren“ nannte Agnieszka ihre Diplomausstellung 1997 und reiste als Stipendiatin nach Japan ab. Was ist das wahre Ziel dieser Reisen? Entfernung, Abbruch, Auslöschung? Um eine neue Karte im Spiel des Lebens aufzudecken, muss man vielleicht alles Vergangene ablehnen? Es reicht nicht mehr, für neue Erlebnisse und Inspirationen offen zu sein. Ein einziges „Ich“ ist zu wenig.

Agnieszka Brzeżańska

Es gibt Phasen, da malt Agnieszka nur große Bilder. Irgendwann kommt ein Moment, in dem sie ihre Palette fallen lässt und zu Bleistift und Notizblock greift. Nach ein paar Monaten oder Jahren, gesättigt vom Zeichnen, wird sie zur exzellenten Fotografin. Am Ende kehrt sie zum Malen zurück. Da ist sie schon wieder eine andere Person.

Zeichnungen auf kariertem Papier und Büttenpapier. Gewöhnliche Fotos und Aufkleber haben in der künstlerischen Werkstatt dieselben Rechte wie Leinwand und Pigmente. Brutale Erotik neben katholischen und buddhistischen Symbolen. Hat dadurch Agnieszka einen eigenen Stil kreiert? Woran werden wir in Zukunft Agnieszkas Werke wiedererkennen? An ihren Metamorphosen, Fluchten und Rückkehren? Agnieszkas künstlerische Signatur ist so immateriell und flüchtig wie ein poetisches Streicheln auf den aus Zeitschriften gerissenen Seiten und Fotos. Es bleibt ihr Gesicht, ihre Empfindlichkeit, ihr „Ich“. Agnieszka hat sich durch den Basar der Eitelkeiten unserer Zivilisation gekämpft. Direkt in die exotische Kultur, die gegenüber uns – den Überseebesuchern – schweigend, stolz und zurückhaltend bleibt.



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